Der Architekt und Co-Gründer des Bèuros Herzog & de Meuron über seine Leidenschaften und seine Herzensstadt Basel.

Jacques Herzog steht nie still. Mit seinem Geschäftspartner Pierre de Meuron gründete er 1987 das Architekturbüro Herzog & de Meuron, das einige der ikonischsten Gebäude der Welt entworfen hat – vom Vogelnest-Stadion in Peking bis zu den Roche Towers in Basel. Er und seine Teams haben auch das Hauptquartier der Bank Lombard Odier entworfen, das 2025 in Genf eröffnen soll. Und soeben hat Jacques Herzog «seine» Zigarrenbar enthüllt, eine intime Lounge im Luxushotel «Trois Rois» in Basel.

Sie haben gesagt, die neue Zigarrenlounge sei Teil Ihrer Privatsphäre. Warum?

Weil ich ganz in der Nähe wohne, ist die Zigarrenlounge „The Council“ (Foto) fast so etwas wie ein eigennütziges Projekt. Nein, im Ernst: Es wird heute viel über das Konzept der «Zehn-Minuten-Stadt» gesprochen – sowohl aus soziologischer als auch aus urbanistischer Perspektive -, also über die Idee, alles in der Nähe zu haben. Man spricht darüber in Paris, in New York, vor allem aber in den grossen Metropolen, wo es wirklich mühsam geworden ist, sich fortzubewegen. In der Schweiz ist diese Idee besonders bei der Gestaltung neuer Stadtviertel wichtig. Wenn man um die Welt reist, sieht man das sehr deutlich: Diese Vielfalt verschwindet in den Dörfern und kleinen Städten. Es ist ein echter Luxus geworden, Läden, Restaurants und andere Einrichtungen im Quartier zu haben.

Wir befinden uns in einer Zigarrenlounge. Mögen Sie Zigarren?

Ich bin Nichtraucher, aber bei Zigarren ist es anders: Eine Zigarre zu geniessen, kommt mir wie ein Essen in einem Sternerestaurant vor oder wie die Degustation eines grossartigen Weines. Ich habe nie Zigaretten geraucht, die man eher aus Nervosität oder aus Gewohnheit raucht. Aber Zigarren – ja, das ist etwas anderes. Ich rauche nur selten, vielleicht einmal alle zwei, drei Monate. Der neue Zigarrensalon hier im „Grand-Hotel Les Trois Rois“ wird sicherlich mein Lieblingsort sein, um mich diesem Hedonismus hinzugeben.

Sie haben auch mehrere Projekte rund um Weinberge, Kellereien und Weinkeller realisiert. Ist der Wein für Sie ein weiteres epikurisches Vergnügen?

Herzog & de Meuron beschäftigen sich mit allen Arten von Architektur, die uns Menschen umgibt. Aber es stimmt, dass ich Wein liebe, besonders französischen. Wir sind sehr gut mit Christian Moueix befreundet, einem der grössten Winzer der Welt. Er lebt in Bordeaux. Wir haben 1998 ein Projekt in Kalifornien für die Dominus Winery (Foto) realisiert. Und wir haben in diesem Jahr die Eröffnung des Weinkellers von Bélair-Monange im französischen Saint-Émilion gefeiert! Ich war dort letzte Woche, weil wir weiterhin kleine Projekte mit dieser Kellerei entwickeln, wie zum Beispiel eine Kapelle, die sich gerade im Bau befindet.

Viele Ihrer Kunden sind Stammkunden.

Wir fühlen uns sehr geehrt, wenn wir Kunden haben, die wiederkommen, die zu Freunden werden und die selbst sehr gute Arbeit leisten. Wie Christian Moueix, die Ricola-Familie, mit der wir oft zusammenarbeiten durften, oder auch Miuccia Prada (Foto).

Sie sind sehr gefragt. Nach welchen Kriterien wählen Sie Ihre Projekte aus?

Ich mische mich nicht mehr selbst in die Wahl der Projekte ein, dafür haben wir ein Team, das sich professionell darum kümmert, unter Berücksichtigung unserer agenturinternen Ressourcen. Aber ich engagiere mich nach wie vor für die Idee und das Konzept eines jeden Projekts und bringe mich in jeder entscheidenden Phase ein.  

Der Vorteil eines grossen Architekturbüros wie des unseren sind die Vielfalt und der Umfang der Projekte, an denen wir arbeiten. Ich kann, ohne überheblich wirken zu wollen, sagen, dass wir für jedes einzelne Projekt ein motiviertes Team haben, das sich aus sehr talentierten Architekten zusammensetzt – meist jungen Menschen aus unterschiedlichen Nationen, die so verschieden sind, wie die architektonischen Themen, an denen sie arbeiten.

Welches Projekt beschäftigt Sie derzeit besonders?

Es gibt nie nur ein einziges Projekt! Aber ich könnte zwei Projekte nennen, die mich in letzter Zeit intensiver beschäftigen. Sie sind eher persönlich, fast vollständig «handgemacht»: Eine Autobahnkapelle in Andeer (Foto), im Kanton Graubünden, für die wir immer noch nach Finanzierungsmöglichkeiten suchen, und das Projekt Calder Gardens in Philadelphia, in den USA.

Gibt es ein Projekt, das die Vision von Herzog & de Meuron besonders anschaulich symbolisiert?

Nein, nicht wirklich. Uns zeichnen gerade die extreme Vielfalt und Individualität unserer Arbeiten aus. Nehmen Sie zum Beispiel das Kinderspital in Zürich oder die Roche-Türme, zwei gleichsam spezifische wie völlig unterschiedliche Bauten. Jedes potenzielle Projekt interessiert mich, und alles, was in Basel passiert, interessiert mich noch mehr, weil es Teil meines Lebensalltags ist.


Es mag vielleicht etwas egoistisch klingen, aber Basel ist ideal, weil die Stadt für Pierre (de Meuron, Anmerkung der Redaktion) und mich ein Modell darstellt. Wir sind hier geboren, wir sind hier zusammen zur Schule gegangen, wir wurden wirklich verwöhnt! Wir nutzen Basel immer noch ein bisschen als Modell für eine «ideale Stadt», als Referenz, wenn wir an urbanen Projekten im Ausland arbeiten.

Wenn wir schon von dieser Stadt sprechen, die Sie so sehr lieben, gibt es Orte in Basel, die Sie besonders schätzen, vielleicht auch gute Adressen?

Es gibt einige Orte, die ich sehr mag und die ich regelmässig besuche. Dazu gehören das Restaurant „Chez Donati“ (Foto), nur wenige Schritte von unserem Büro entfernt, die grossen Museen der Stadt, das Stadtcasino… Und natürlich liebe ich es, den FC Basel im Stadion St. Jakob-Park spielen zu sehen, das wir gebaut haben. Ich mag auch das Viertel St. Johann, in dem sich unser Büro befindet. Es liegt im Westen der Stadt, nahe er französischen Grenze. Ich hatte immer eine frankophile Ader – meine Mutter war zweisprachig und kam aus Biel.

Und was gefällt Ihnen an Basel sonst noch?

Ich schätze, dass Basel eine trinationale Stadt ist, mit seinen Trams, die die verschiedenen Stadtteile und umliegenden Gemeinden – französische und deutsche – verbinden. Für mich ist die Nähe zur Grenze eine Bereicherung, ich bevorzuge dies gegenüber der «Schweiz im Inneren». Auch das kulturelle Leben in Basel ist beeindruckend, nicht nur dank seinen grossen Museen, Theatern und Konzertsälen im Stadtzentrum, sondern auch dank der weltweit renommierten Institutionen, die sich am Stadtrand befinden. Dort, wo die Stadt an Deutschland, Frankreich und die anderen Schweizer Kantone grenzt: die Fondation Beyeler, das Schaulager oder der Vitra Campus in Weil-am-Rhein.