
Reedereien haben die exklusive Nische der SSX-Schiffe im Blick. EIn Bericht an Bord eines schwimmenden Fünf-Sterne-Boutiquehotels.
Links: ein Schwarm Zebrafische. Rechts: Zwergkaiser mit gelben Schwänzen tanzen mit silbernen Demoisellen, die einen schwarzen Punkt an der Seite tragen. Die kleinen Wasserbewohner wirbeln um die Beine herum, inspizieren neugierig die Zehen. Die Lagune von Anse Marron, in einem abgelegenen Winkel der Insel La Digue, ist auf die Spitze getriebene Exotik: Granitblöcke, die von einem erbosten Riesen ins warme Wasser der Seychellen geworfen worden zu sein scheinen, Sand, der weisser als weiss ist, Palmwedel, die rascheln, kleine Krabben, die im lokalen Dialekt «Loulous» genannt werden.
Und vor allem – mit Ausrufezeichen! – diese Robinson-Einsamkeit, die skeptische Stadtbewohner nur auf Postkarten für möglich halten. Doch manchmal werden Postkarten lebendig. Die Anse Marron ist – wie eine Vielzahl der Buchten auf den 115 Seychellen-Inseln – über Land nur schwer zugänglich. Aber über Wasser? Willkommen in der kleinen Welt der exklusiven Kreuzfahrten! In den letzten Jahren hat die Idee von «Boutiqueschiffen» Rückenwind bekommen. Das nautische Pendant zu intimen Hotels, die den Komfort eines Palastes mit der Beweglichkeit eines kleinen Schiffs vereinen und die den individuellen Wünschen einer ruhebedürftigen Kundschaft «aye, aye!» zurufen.
Ein neues Juwel mit Segeln verkörpert diesen Trend. Es heisst «Spirit of Ponant», misst etwa 25 Meter und hat einen Mast von 33 Metern. Dieser Katamaran mit sechs Kabinen kann maximal zwölf Gäste beherbergen, betreut von einem Kapitän, seinem Stellvertreter, einem zauberhaften Koch und einer Gastgeberin. Man kann das schwimmende Hotel ganz oder kabinenweise mieten. Es braucht keine maritime Erfahrung, das Personal kümmert sich um alles, egal, ob es darum geht, das Grosssegel zu hissen oder das beste Korallenriff vorzuschlagen, um mit Flossen den Adlerrochen und Meeresschildkröten einen Besuch abzustatten.

Ce bateau est sorti du chantier naval de Bordeaux l’été dernier, réalisé par le constructeur français Lagoon – il est le 37e de la série Lagoon Seventy 7, le seul équipé de six cabines. Le tout jeune catamaran a passé son premier été en Méditerranée, pour une saison de test. Le voilà installé aux Seychelles depuis Noël dernier, avec pour mission de développer ce nouveau marché de niche. «Il ne s’agit nullement d’une réorientation de la compagnie, explique Olivier Narcy, de passage à bord. Plutôt d’un tremplin d’accès au monde de la croisière.» Responsable des ventes et des relations clients auprès de la compagnie Ponant, le Français connaît le marché des croisières de la proue à la poupe et n’ignore rien des réticences ressenties par une large part du public face aux géants des mers. «Avec Spirit of Ponant, nous voulons déconstruire les a priori sur les voyages en bateau et mettre en avant notre savoir-faire en accueil hôtelier comme en innovation technologique dans le sens de l’efficience environnementale.»
Der Katamaran wurde letzten Sommer in der Werft von Saint Lazare gebaut, entworfen vom französischen Hersteller Lagoon – er ist der 37. der Serie Lagoon Seventy 7, aber der einzige mit sechs Kabinen. Er verbrachte seinen ersten Sommer im Mittelmeer, als Testsaison. Seit Weihnachten ist er auf den Seychellen stationiert. «Es handelt sich nicht um eine Neuausrichtung der Firma», erklärt Olivier Narcy an Bord. «Vielmehr ist es ein Sprungbrett zur Welt der Kreuzfahrt.» Als Verkaufsleiter und Kundenbeziehungsmanager der Compagnie Ponant kennt der Franzose den Kreuzfahrtmarkt vom Bug bis zum Heck und ist sich der Vorbehalte bewusst, die ein grosser Teil der Öffentlichkeit gegenüber den Giganten der Meere hegt. «Mit dem ‹Spirit of Ponant› wollen wir Vorurteile gegenüber Schiffsreisen abbauen und unser Know-how im Hotelservice sowie in technologischer Innovation im Sinne der Umwelteffizienz unter Beweis stellen.»
Die Vorurteile gegenüber diesen schwimmenden Vergnügungsparks, die Küstenstädte überfluten und ihren Treibstoff im grossen Blau entladen, sind zahlreich und oft gerechtfertigt. Dennoch macht der Kreuzfahrtmarkt über 5 Milliarden Euro (2024) aus, mit einem Wachstum von 130 bis 140 Prozent in den vergangenen fünf Jahren. Hier gilt es, zwischen den etwa 360’000 Schiffen dieses Sektors, die die Welt durchqueren, zu unterscheiden. Die Hälfte dieses Volumens wird durch amerikanische Kunden repräsentiert, die eine Vorliebe für die Karibik haben. Im Grossen und Ganzen wird ein Schiff als gigantisch angesehen, wenn es mehr als 2000 Passagiere befördert: Da findet man eine Auswahl an Diskotheken, Bowlingbahnen und Eislaufbahnen, Restaurants und Einkaufszentren. Am extremsten ist die berühmte «Icon of the Seas» von MSC Cruises, die im Januar 2024 zu Wasser gelassen wurde. 20 Decks werden von
7600 Passagieren gestürmt, betreut von 2350 Besatzungsmitgliedern. Der Wettlauf um die Grösse ist übrigens noch nicht beendet, ganz im Gegenteil: Gerüchte über Projekte von noch grösseren Schiffen für das Jahr 2028 unter der Leitung der in Genf ansässigen MSC Gruppe werden immer lauter.
Intime, personalisierte Erlebnisse
Angesichts des Booms der Massenkreuzfahrt (mit Preisen von 200 bis 300 Euro pro Nacht und Person) organisiert sich eine Gegenbewegung auf dem Wasser. Bestes Beispiel dafür, wie diese aussieht, ist die «Spirit of Ponant». Kaum aus dem unendlichen Blau zurückgekehrt – kein Ufer, kein Schiff, kein Stück Plastik in Sicht –, finden die Passagiere John Rosette, wie er an einem Roten Schnapper knabbert, einem jener Fische, die die an der Heckplattform installierte Angelrute regelmässig aus dem Wasser auf den Tisch zaubert. Chefkoch John ist ein Kind der Seychellen, war als Sous-Chef im Hotel «Six Senses» auf der Privatinsel Félicité tätig und hat eine sehr genaue Vorstellung davon, was Qualität und Frische bedeuten. Er ist es auch, der mit den Fischern verhandelt, die gelegentlich am Katamaran anlegen, was es ermöglicht, abends einen umwerfenden Zourite zu geniessen. Diese Art gewürzter und mit Kokosnuss parfümierter Tintenfischeintopf, serviert auf wunderschönem Geschirr, das so gut zum Ponant-Farbschema passt, ist (fast) allein die Reise wert. «Ich liebe die Erfahrung als Koch auf dem Boot», erzählt der junge Mann. «Die Kunden sagen mir direkt, was ihnen gefällt, und bitten mich um Spezialitäten. Diese enge Beziehung ist sehr bereichernd.»

Ein Markenzeichen von Ponant: die Suche nach dem Luxus in all seiner Einfachheit, verwurzelt in der Kultur der jeweiligen Region. Die Reederei ist benannt nach der Inselkette nördlich der Bretagne. Mit seinen 14 Schiffen (das grösste, Paul Gaugin, schippert in polynesischen Gewässern und erlaubt maximal 440 Passagiere) hat sich die Firma als Referenz für Entdeckungsreisen und Kulturreisen profiliert. Die «Spirit of Ponant» soll bald einen Zwilling erhalten, der für die Fahrt in Polynesien geplant ist.
Indessen hat das Flaggschiff des Unternehmens, das elegante Dreimast Segelschiff namens «Ponant», kürzlich seine Kabinenanzahl auf 16 reduziert, um den Komfort für die Passagiere zu maximieren und seinen Status als einziges Segelschiff der Welt innerhalb der luxuriösen Hospitalitykette Relais & Châteaux zu unter-streichen. Die Artemis Group, eine private Investmentgruppe der Familie Pinault und Eigentümerin der Compagnie du Ponant, hat kürzlich auch eine Mehrheitsbeteiligung an Aqua Expedition erworben, einer weiteren Linie von Luxuskreuzfahrten, deren fünf kleine Schiffe (zwischen 6 und 40 Passagiere) sich auf Routen in Regionen mit grosser biologischer Vielfalt spezialisiert haben. Sie fahren den Amazonas oder den Mekong hinauf, um die abgelegenen Archipele der Galapagosinseln oder der Molukken im Osten Indonesiens. Klein, aber mit grossem Stil, bitte!
Der Geist, der den Luxus auf den Wellen definiert, zeigt sich auch in Dekodetails und feiner Bettwäsche, in kompromissloser Servicequalität, in einem einzigartigen lokalen Erlebnis, das die Crew mit den Passagieren teilt. Und so kommen die Neulinge auf diesem exklusiven Markt auch nicht unbedingt aus der traditionellen Kreuzfahrtwelt, sondern aus der Hotellerie. Ritz-Carlton betreibt dieses Jahr seine dritte Yacht, um das Mittelmeer und die südlichen Meere in relativer Intimität – mit weniger als 500 Passagieren – zu durchqueren. Nachdem sich Orient Express mit Zügen einen legendären Ruf erarbeitet hat, plant das Unternehmen, im kommenden Jahr zwei der grössten Segelschiffe der Welt zu Wasser zu lassen. Die technologisch hochentwickelten «Silenseas» bieten jeweils Platz für 120 Passagiere. Aman und Four Seasons ziehen nach und verfeinern ebenfalls Schiffe.
Während die neuen Konkurrenten in den Startlöchern stehen, nimmt die Ponant-Gruppe einige Seemeilen Vorsprung. Möchten Sie massgeschneiderte Angebote? Hier sind sie! Shanyl Chang-Time, der Stellvertreter des Kapitäns auf der «Spirit of Ponant», ist zugleich Reiseführer während des gesamten Aufenthalts. Er weiss genau, auf welcher Insel das berühmte Coco-Fesse wächst, hinter welchem Hügel die Schildkröten in der Sonne dösen oder wie man Jamalac isst, eine Art wässriger Apfel, dessen Geschmack mit ein wenig Salz und Chili hervorgehoben wird. Aber vor allem kennt der junge Seemann alle Strömungen und Winde seines maritimen Territoriums.

An Bord an diesen nicht so sonnigen Februartagen trifft man auch auf den Navigator Guillaume Lebrec. Wie es sich für einen Seemann geziemt, zählt der Franzose stolze 15 Jahre Hochseeregatten zu seinem Erfahrungsschatz, darunter auch die «Transat Jacques Vabre». Er arbeitet derzeit mit Ponant am grossen Dekarbonisierungsprojekt, das darauf abzielt, die Treibhausgasemissionen drastisch zu reduzieren, sei es bei der Navigation, beim Manövrieren oder beim Ankern. Ein Schiff der neuen Generation mit dem Versprechen eines Null-Kohlenstoff-Fussabdrucks ist für 2030 vorgesehen.
In der Zwischenzeit geht es darum, an einem «Routing-Tool» zu arbeiten, also an einer Software, die es den Kapitänen der verschiedenen Segelschiffe ermöglicht, die Routen so nahe wie möglich an Wetter, Wellen und Strömungen anzupassen. «Ich finde es faszinierend, diese Expertise von der Regatta auf die Kreuzfahrt zu übertragen», erklärt der Seemann, der von den Navigationsinstrumenten, die er zusammen mit dem Kapitän und seinem Stellvertreter untersucht, aufblickt. «Die Idee ist, die Reisen mit dem Motor wirklich zu reduzieren, um den Segelantrieb maximal zu nutzen. Und ein Gefühl dafür zu entwickeln, dass die direkte Route nicht immer die schnellste ist.» Heute Morgen kräuseln sich die Wellen, aber es ist noch möglich, direkt auf die Bucht von La Curieuse zuzufahren und mit den Babyhaien im klaren Wasser zu schwimmen. Schnell, bevor die Menschenmassen eintreffen …
Das Reisetagebuch

Entdecke einsame Buchten mit dem leichten Katamaran „Spirit of Ponant“.

Wer hat Lust auf Paddeln?

Schildkröten begrüssen die Besucher in der Bucht von La Curieuse.

Über dem Wasser auf dem Vorderdeck aufgehängt.

„L’île rouge“, der einzige Ort neben Praslin, an dem die berühmten „Coco-Fesses“ wachsen.

Weisser Sand und Granitblöcke, Signatur der Seychellen-Landschaften.

Lebenskunst à la Ponant, auch auf einem Katamaran.

Nach dem Sonnenuntergang Ausschau halten…

… und die Sterne am Ende des Mastes zählen.
