Die Kerzenmanufaktur Herzog sorgt seit über 130 Jahren dafür, dass es uns um die Adventszeit warm ums Herz wird.

Es ist schwül in den hohen Hallen in Sursee in der Nähe von Luzern. Und es riecht nach Wachs. Endlos wirkende Stränge von Dochten ziehen mit Abstand von wenigen Sekunden durch eine Flüssigkeit. Immer und immer wieder. Die Flüssigkeit ist geschmolzenes Paraffin oder ein Gemisch aus verschiedenen Wachsen, das sich bei jedem Durchgang um die meterlangen Dochte legt.Damit es flüssig bleibt, wird es während des Vorgangs erhitzt. Nach zweieinhalb Stunden haben die weissen Stränge den gewünschten Durchmesser von 21 Millimetern. 

Paraffin wird flüssig gemacht.

Die klassische Kerzenzuganlage, die in der Manufaktur Herzog Kerzen schon seit 1968 im Einsatz ist, stoppt. Die 450 Meter Kerzen am Strang werden in die gewünschte Länge geschnitten, zur Weiterverarbeitung zum Beispiel in farbiges Wachs getaucht oder poliert.

«Gezogene Kerzen sind die qualitativ hochwertigsten», sagt Monika Felder-Brunner, die zusammen mit ihrem Sohn Sandro die traditionsreiche Manufaktur führt. Und sie erklärt auch gleich, warum diese Kerzen die besten sind: «Das flüssige Paraffin wird bei jedem Durchgang durch das Wachs nur hauchdünn aufgenommen, entsprechend verbindet und verdichtet es sich sehr stark. So gibt es in den Kerzen keine Lufteinschlüsse.» Man fühlt es auch: Sie liegen schwerer in der Hand als gepresste Exemplare. 

Über 70 Millionen Franken geben die Schweizer jährlich für Kerzen aus. Ein grosser Teil wird in der Vorweihnachtszeit gekauft. Und mit den Wachskreationen kommt gleich eine gute Portion Gemütlichkeit ins Haus. Dafür sorgt auch die im Jahre 1888 von Moritz Herzog gegründete Manufaktur: Rund 150 Tonnen Kerzen werden hier das Jahr über von Hand produziert. Herzog Kerzen ist einer von noch neun Kerzenherstellern in der Schweiz. Immerhin ein Viertel aller gekauften Lichtspender im Land stammt von ihnen.

Jeder Kerzentyp hat seinen speziellen Docht.

Der Docht ist entscheidend

Der Rohstoff für die Kerzen von Herzog besteht zu 85 Prozent aus Paraffin, einem Nebenprodukt der Rohölproduktion. Der Rest aus Soja-, Raps- oder Kokosöl. Und natürlich kommt auch Bienenwachs zum Einsatz. Er verleiht den Kerzen die typische honiggelbe Farbe und den besonderen Duft.Allerdings sind Bienenwachskerzen etwa viermal so teuer wie die herkömmlichen – auch weil die Herstellung viel aufwendiger ist. Dafür brennt Bienenwachs länger.

Die Kerzenstränge werden gekürzt.

«Entscheidend für die Flammengrösse ist übrigens der Docht», verrät Sandro Felder, dessen Eltern und dessen Grossvater 1995 die Kerzenmanufaktur Herzog übernahmen. Und auch die Brenndauer bestimmt der Docht mit. 150 verschiedene Sorten werden allein in der Produktion in Sursee verwendet. Die Fäden sind aus Baumwolle geflochten, manche fast fingerdick.

Sie unterscheiden sich durch verschiedene Flechtarten, und manchmal sind sie sogar mit Kupferdrähten verstärkt. Eine Halle weiter hängen lange, im Umfang fünf bis zehn Zentimeter grosse Kerzenstangen an einer Art Karussell. Darunter ein voluminöser Auffangbehälter. Einer der 22 Mitarbeiter der Kerzenmanufaktur steht auf einem Podest und begiesst sie abwechselnd mit flüssigem Wachs. Es sind Altarkerzen – jedes Stück 7,2 Kilo schwer und einen Meter lang. «Die halten aber ein ganzes Kirchenjahr», verspricht Felder. Wenn sie abgekühlt sind, wird ihr Kopf zur Spitze gehobelt und werden die fertigen Kerzen poliert. In einer besonderen Abteilung erhält ein Teil der Liturgischen Kerzen noch den letzten Schliff. Speziell ausgebildete Mitarbeiterinnen verzieren sie von Hand mit Motiven und Bildern. Das Geschäft mit den Kirchenkerzen ist für die Herzog AG wichtig: Fast 50 Prozent der Produktion landet später in Gotteshäusern.

Am Docht hängend kommen die Kerzen ins Farbbad.

Seit Kurzem liegen auch sogenannte Objektkerzen im Trend. Silikonformen werden dafür mit flüssigem Rapswachs ausgegossen. «Die Formen stellen wir zum Teil nach Kundenwunsch selbst her», sagt Felder-Brunner. Jedes Jahr entwickeln die Kerzenmacher in Sursee besondere Kollektionen zu Weihnachten. Stimmungsvolle Lichtobjekte mit neuen Farben, neuen Formen, neuen Strukturen. Mal sind die Kerzen mehrfarbig oder sehen aus wie mit Raureif überzogen. Und die neuesten Weihnachtskerzen 2025? Sind in mattem Lack getaucht und mit glänzendem Lack verziert. Sehr edel. Da hätte Firmengründer Moritz Herzog ordentlich gestaunt.


Monika Felder-Brunner

«Mein Vater ist schuld», sagt die 55-Jährige und schmunzelt. Er kam auf die Idee, 1995 die Kerzenmanufaktur Herzog zu kaufen. Nach dem plötzlichen Tod ihres Mannes Daniel Felder im Januar 2008 ist die gelernte Detailhandelsfachfrau nun Geschäftsführerin und Alleininhaberin des Traditionsunternehmens und hier auch ein bisschen «Mädchen für alles»: Täglich jongliert die Mutter zweier erwachsener Kinder, die in Malters (Kanton Luzern) aufwuchs, zwischen Zahlen, Kundenkontakt und Neukreationen. Seit 2021 steht ihr Sohn Sandro zur Seite.