
Seit 1854 fertigt die Küferei Thurnheer in berneck Barriquefässer aus Eiche, die dem Wein eine besonders feine Note verleihen.
Im Herbst herrscht Hochsaison in der Küferei Thurnheer, denn dann ist Weinlese. Gereift wird der Wein auch in Holzfässern. Die Herstellung solcher Fässer ist das Kerngeschäft der im St. Gallischen Weinbauerndorf Berneck beheimateten Küferei. Der Familienbetrieb blickt auf eine langjährige Geschichte zurück: Küfer Martin Thurnheer führt den Betrieb zusammen mit seiner Frau in der fünften Generation und arbeitet seit dem frühen Tod seines Vaters im Jahr 2005 allein in der Werkstatt.
Trotz vollem Terminkalender lässt der geübte Handwerker keine Hektik aufkommen. Er hat jeden Arbeitsschritt verinnerlicht, seine Handgriffe sind präzise und ruhig. Man sieht der kleinen Manufaktur an, dass hier jede Etappe genaustens durchdacht ist. Der Platz wird optimal genutzt. Bei unserem Besuch lagern mitten im Raum mehrere Fässer und warten auf ihre weitere Verarbeitung. Vor der Werkstatt stapeln sich Fässer und Reifen.

Zum Handwerk des Küfers gehört nicht nur die Herstellung der Fässer, auch die genaue Kenntnis über die Materialien entscheidet über die Qualität des Produktes. Meistens verwendet Thurnheer für die Barriquefässer Eichenholz, das für seine besonderen Vanillearomen bekannt ist. Diese entstehen beim Rösten des Holzes. Bei der Auswahl des Rohstoffes arbeitet der Handwerker mit Förstern aus der Region zusammen. Nach der sachkundigen Lagerung des Holzes kann Martin Thurnheer mit der Herstellung der Barriques beginnen. Der schrittweise Fassbau nimmt einen Tag in Anspruch.
Eine einstudierte Choreografie
Zunächst werden die sogenannten Dauben gefertigt, so nennt man die einzelnen Holzstücke, die das Fass bilden. Dafür müssen die Bretter nach dem Spalten und Zuschneiden in die richtige Form gebracht werden. Das geschieht zwar mithilfe von Maschinen, doch ausschlaggebend ist das Zusammenspiel von händischer und maschineller Arbeit. Es ist faszinierend, Thurnheer beim Hantieren zuzuschauen, die Abläufe haben etwas von einer einstudierten Choreografie. Nach dem Hobeln und Fügen der Dauben kann es mit dem Fassaufbau losgehen.
Zuerst werden zwei gegenüberliegende Dauben an einen Reifen – auch dieser wird übrigens in der Küferei hergestellt – fixiert, anschliessend werden die weiteren Fassdauben Stück für Stück in den Reifen eingespannt. «Einen gelernten Gehilfen habe ich nicht, momentan gibt es einen einzigen Lehrling in der Schweiz, der dieses Handwerk lernt», sagt Thurnheer.

In diesem Stadium ist die runde Fassform noch nicht zu erahnen, denn erst das Biegen der Dauben schafft die gewünschte Rundung. Um diese zu erreichen, muss das Holz «ausgefeuert» werden. Dieser Prozess hat etwas Archaisches, man spürt dabei, wie wichtig es ist, mit den Eigenschaften des Materials Holz zu arbeiten. In der Mitte des Fasses entzündet Thurnheer in einem metallenen Korb ein Holzfeuer, welches das Holz erwärmt und biegsam macht.
Währenddessen muss das Holz fortlaufend nass abgespritzt werden, denn der so entstehende Wasserdampf macht das Holz geschmeidig. Anschliessend werden am unteren Ende des Fasses Stahlseile angebracht, welche die Dauben unten zusammenziehen. Wenn dieser Vorgang abgeschlossen ist, wird das Fass innen getoastet, sprich weiter mit Feuer behandelt. Je länger das Holz erhitzt wird, desto mehr Tannine entwickelt es. Diese Aromen werden an den Wein abgegeben.

Nun erfolgt die Herstellung der Böden, auch dieser Arbeitsschritt erfordert höchste Präzision. Die Barriques besitzen keinerlei Schrauben, die Holzteile der Fläche werden einzig durch Holzdübel zusammengehalten. Bevor die Böden ins Fass eingesetzt werden können, muss noch eine Nut ins Fass gefräst und müssen die Böden abgeschrägt werden. Damit Thurnheer die Böden einfacher einbinden kann, entfernt er die oberen Reifen. Mit wenigen und gezielten Griffen klemmt der Küfer die runde Holzfläche ins Fass, dasselbe geschieht auf der anderen Seite.

Das Fass ist fast fertig, es fehlt nur noch der Feinschliff der Aussenseite. Zum Schluss werden die neuen Reifen angeschlagen. Das Signet der Küferei Thurnheer bürgt für die handwerkliche Herstellung des Fasses. Die einzig bittere Note, die nach dem Besuch des Betriebs zurückbleibt, ist die Befürchtung, dass dieses traditionelle Handwerk dereinst verschwinden könnte …

Martin Thurnheer
Die Küferei Thurnheer wurde 1854 von Jakob Thurnheer gegründet. Zu jener Zeit waren im Rheintaler Dorf Berneck noch mehrere Küfer tätig. Heute finden sich in der ganzen Schweiz nur noch fünf Küfereien. Martin Thurnheer führt den Familienbetrieb in der fünften Generation zusammen mit seiner Frau. Er stellt rund 150 Fässer im Jahr her, hat aber sein Angebot stark diversifiziert. Das klassische Volumen von Barriquefässern umfasst 225 Liter, die Küferei Thurnheer stellt aber auch massgefertigte Lagerfässer, Holzbadewannen oder andere Fassgebinde her. Früh übt sich: Sein erstes Fass baute Martin Thurnheer mit zehn Jahren.