Mit der Designstudie Skytop erinnert BMW daran, dass es neben martialischen SUV und vernünftigen Elektroautos immer noch Raum für klassische Sehnsuchtsmobile gibt.

Bei nüchterner Betrachtung ist der Skytop bloss eine Designspielerei. Ein auf Basis der BMW-8er-Reihe kunstvoll modelliertes Targa-Unikat, das, wenn überhaupt, erst in ein paar Jahren und dann lediglich in einer Kleinstserie für mehrere hunderttausend Franken in den Verkauf gehen wird. Relevanz für den Lauf der Automobilwelt? Null. Der Mainstream fährt SUV, Angebot und Nachfrage von Cabriolets sind schon lange rückläufig.

Die Zukunft gehört sowieso den selbstfahrenden Elektroautos, und Prestige drückt sich immer weniger in herkömmlichem Luxus, geschweige denn in einem 4,4 Liter grossen Achtzylindermotor aus. Aber nicht trotzdem, sondern gerade deswegen fällt die nüchterne Betrachtung so schwer. Das, was der bayerische Hersteller diesen Frühsommer anlässlich des Concorso d’Eleganza Villa d’’Este am Comer See kreiert und wenig später im Rahmen eines Presseevents im zürcherischen Dielsdorf präsentiert hat, ist mehr als ein exotisches Frischluftmodell für potenziell wenige. Es ist eine Botschaft an alle: Träumen noch immer erlaubt!


Etwa davon, die Fahrertüre über das in die Türbrüstung eingepasste Winglet zu öffnen und unter neidischen Blicken aus der Nachbarschaft einzusteigen. Den Duft des im Budapester Stil akzentuierten Leders – Leder! Nicht recycelter Kunststoff! – einzuatmen. Referenzen an altehrwürdige Klassiker wie den BMW Z8 Roadster wertzuschätzen, ohne aber die Vorzüge eines modernen Cockpits zu missen. Sound und Charakteristik eines V8-Motors zu geniessen, der im Zeitalter von E-Autos, die in unter drei Sekunden von 0 auf Tempo 100 schnellen, fast schon Entschleunigung verheisst. Bei einer Passfahrt ohne Verdeck (die mit Leder überzogenen Dachschalen liegen in einer Ablage im Gepäckraum verstaut) ein paar Kurven unter die 21 Zoll grossen Leichtmetallräder zu nehmen. Wind im Haar, Sonne auf der Haut, nette Begleitung auf dem Beifahrersitz. Das ganze aus der Mode geratene Programm an Abenteuer und Freiheit.

Die Automobilindustrie – allen voran die Volumenhersteller, zu denen auch die Premiummarke BMW zählt – hat angesichts des technologischen Wandels und der Verbrenner-Aus-Debatten viel investiert, um für vernünftigere Werte zu stehen. Nachhaltigkeit. Fortschritt. Verantwortungsbewusstsein. New Luxury, der auf Bits and Bytes statt Lack und Leder beruht. Herausgekommen sind zuweilen Autos, die mit viel Blech wenig Glanz und mit reichlich künstlicher Intelligenz kaum Emotionen erzeugen.

Autos für gewisse Stunden

Man muss kein Klimaleugner, Fortschrittbremser, E-Auto-Hasser oder Nostalgiker sein, um eine gewisse Sehnsucht nach Nischenmodellen zu verspüren, die in diesen unsicheren Zeiten heile Autowelt spielen, solange sie noch können.

Bei BMW schürt man diese Sehnsucht jetzt mit dem sportlich-eleganten Skytop, bei Mercedes-AMG heisst «der Gipfel der Exklusivität» PureSpeed. Der anlässlich des Formel-1-Rennens in Monaco präsentierte Entwurf eines radikal offenen, zweisitzigen Performance Cars stellt eine Hommage an den Rennsport dar und gibt einen Ausblick auf das erste Modell der ultraexklusiven «Mythos»-Serie. Der Antrieb? Wird noch geheim gehalten, dürfte aber auf einer modifizierten Version des 4,0-Liter-V8 beruhen.

Mercedes-AMG


Noch höhere Exklusivität und noch mehr Zylinder verspricht der britische Luxusautobauer Bentley mit dem Batur Convertible. Das auf 16 individuell gestaltete Exemplare limitierte Cabrio dürfte eines der letzten Modelle sein, die den vor 20 Jahren eingeführten Zwölfzylindermotor in der aktuellen Entwicklungsstufe mit 740 PS unter der Haube tragen dürfen, ehe das mächtige W12-Aggregat ausgemustert wird. Sollte man ein schlechtes Gewissen haben, wenn man sich darin mit dem belederten Lenkrad in der einen Hand und einem Gelato in der anderen der Côte d’Azur entlangcruisen sieht?

Bentley


Oder vielleicht dann, wenn man sich stattdessen den neuen, zweisitzigen Spider aus Maranello mit einem als Front-Mittelmotor angeordneten V12-Saugmotor und bis zu 830 PS wünscht? Eher nicht. Weil der in einer limitierten Auflage von 199 Stück gebaute Ferrari 12Cilindri Spider – genau wie die anderen genannten Fahrzeuge – ohnehin nur ein Auto für gewisse Stunden wäre. Vor allem aber wegen des für uns Normalsterbliche unvermeidlichen Konjunktivs: wäre

Ferrari