Labordiamanten werden als nachhaltige Alternative zu Naturdiamanten gehandelt. Die Frage, ob «echt» oder «Fake», Wird zunehmend irrelevanter.

Niji

Brillante Storytelling gehört zur Juwelier-Branche wie der Lüster zum Edelstein. Diamanten seien für die Ewigkeit, heisst es. Ihr Wert und die mit ihnen verschenkte Liebe würden nie wanken. So weit so magisch. In transparenten Zeiten trübt sich das Narrativ vom Prestige geschürfter Steine allerdings immer mehr ein. Seitdem sich die Gen Z Schmucksteine wünscht, die ihren Mindset reflektieren wie ihre morgendliche Green Matcha Latte mit lokaler Bio-Hafermilch, tun sich die Erzähler zusehends schwerer, natürliche Diamanten als lupenrein anzupreisen.

Bis 2025 werden schätzungsweise 20 bis 30 Prozent der weltweiten Schmuckkäufe von Nachhaltigkeitsaspekten wie Umweltbelastung und ethischen Beschaffungspraktiken beeinflusst sein. Käuferinnen und Käufer wollen nicht nur reines Funkeln, sondern auch ein reines Gewissen. Wenig erstaunlich also, dass die Nachfrage nach im Labor gezüchteten Diamanten rasant steigt. «Wir stellen fest, dass die Akzeptanz von Schmuck mit Lab-grown Diamonds in der Schweiz schnell wächst», sagt Niels Schäfer, Mitgründer der Schmuckmarke Loev. «Als wir vor einem Jahr als erste Schweizer Marke für Labordiamantenschmuck starteten, hatten die meisten Leute noch nie von LGDs gehört. Heute werden die Menschen immer neugieriger, je mehr sie über die Vorteile von Labordiamanten als nachhaltige Alternative erfahren.» Loevs in Deutschland handgefertigte Kreationen aus Recycling-Gold, Lab-grown Diamonds und -Saphiren sind Statementstücke mit zukunftsgerichtetem Design. Auch bei den Retailern finde ein Umdenken statt, sagt Schäfer.  

Niji

Die Labordiamanten der Genfer Marke Niji werden in einer Fabrik in Indien gezüchtet, die komplett mit Solarenergie arbeitet. Die Saphire entstehen in Monthey in der Schweiz.

Lilian Von Trapp

Der nachhaltige Schmuck der Berlinerin Lilian von Trapp wird selbst von Prominenten wie Emma Watson oder Lily James getragen. Sie gründete ihr Label 2017, seit 2019 kommen auch Labordiamanten zum Einsatz.

In wenigen Wochen unter Hitze, Druck und in Wolken von Gas und Kohlenstoff erzeugt, ist der Labordiamant chemisch, physikalisch und optisch identisch mit einem geförderten Edelstein. Unmenschliche und auf den ersten Blick umweltschädliche Beschaffungspraktiken gibt es keine. Dass der vermeintlich grünere Diamant für seine Entstehung allerdings enorm viel Energie braucht, ist eine Tatsache, die man gerne wegpoliert. Manche behaupten, dass die Treibhausgasemissionen beim Abbau natürlicher Steine dreimal geringer seien als beim menschengemachten Stein. Fakt ist indes auch, dass viele der im Labor produzierten Diamanten mithilfe erneuerbarer Energie das Licht der Welt erblicken. «Unsere Diamanten werden in Indien in einer zertifizierten Fabrik hergestellt, die ausschliesslich mit Solarenergie arbeitet», sagt Salomé Balli, Gründerin der jungen Schweizer Schmuckmarke Niji. «Und was unsere Saphire betrifft, werden diese lokal produziert und entstehen in Monthey in der Schweiz.» Niji hat es sich zur Mission gemacht, Glitzer in unsere Schmuckkästchen zu bringen, ohne zusätzliche Kosten für die Natur. Sogar im sehr traditionell ausgerichteten US-Markt für Verlobungs- und Trauringe boomen Lab-grown Diamonds und lehren Firmen wie De Beers das Fürchten. Die
130 Jahre alte Marke, die für Naturdiamanten schlechthin steht (sie betreibt eigene Minen und erfand den unvergesslichen Werbeslogan «A Diamond Is Forever»), musste gemäss Bloomberg im letzten Jahr bei Rohdiamanten von 2 bis 4 Karat einen Preisverfall von mehr als 40 Prozent hinnehmen. Und im Juli berichtete Edahn Golan, erfahrener Analyst der Diamantindustrie, dass 50 Prozent aller in den USA verkauften losen Diamanten aus dem Labor stammen – ein entscheidender Moment für die Branche also. 

Loev

Die Marke wurde 2022 in Zürich gegründet und hat sich schnell zum führenden Brand für nachhaltige, im Labor gezüchtete Diamanten in der Schweiz entwickelt. Produziert werden die Steine in den USA und Indien.

Bradley’s Jewelers

Hier gehen traditionell geschürfte Diamanten und jene aus dem Labor eine Liaison ein: Die  York Rose Collection ist eine Ode an York, die Geburtsstadt der Gründerin Kay Bradley, in welcher das Motiv der Rose wiederkehrend ist. 

Erste grosse Marken denken um

«Die Natur bietet uns so viele Geschenke, aber manchmal muss man sie einfach in Ruhe lassen. Warum sollten wir sie zerstören, wenn wir genau das gleiche Ergebnis erzielen können, ohne sie zu beeinträchtigen?», fragt Balli. Ihre Edelsteine entsprechen dem SCS-007 Standard, der sicherstellt, dass sie auf nachhaltige, ethische und klimaneutrale Weise produziert werden. Waren es jüngst noch Nischenbrands, die den Trend forcierten, nutzen jetzt auch Luxusmarken den disruptiven Stein.

Lightbox

2018 hat das Unternehmen DE BEERS die Kollektion Lightbox mit Diamanten aus dem Labor präsentiert, im Juni diesen Jahres kam der erste Verlobungsring der Linie hinzu. 

Breitling

Die 1884 in der Schweiz gegründete Uhrenmarke hat mit dem Modell «Super Chronomat Automatic 38 Origins» ihre erste Uhr auf den Markt gebracht, die mit Labordiamanten besetzt ist. 

Breitling verwendet bei seinem Uhrenmodell «Super Chronomat Automatic 38 Origins» Labordiamanten des Typs II a, die als wertvollste und reinste Diamantenart gelten. Bis 2025 will die Marke den Übergang zu Labordiamanten und handwerklich gewonnenem Gold von zertifizierten Lieferanten im gesamten Produktportfolio vollzogen haben. «Die Verbraucher kaufen zunehmend bewusster und wollen wissen, woraus die von ihnen erworbenen Produkte bestehen. Wir wollen die Antworten von vornherein offenlegen», so Georges Kern, CEO von Breitling. Ein geschürfter Diamant wechselt durchschnittlich 66-mal die Hand, bevor er den Schmuckfan ziert. Ein Labordiamant tut dies lediglich viermal, was enorme Vorteile in der Rückverfolgbarkeit und der CO2-Bilanz schafft. «Diamanten erhalten ihren Wert, wenn der Verbraucher sich entscheidet, einen Wert beizumessen», sagt Balli. Erst dann beginnt die wahre Liebesgeschichte – ungeachtet, ob ihr Ursprung im Labor oder unter der Erde liegt.