Darfs ein bisschen mehr sein? Dann machen Sie diese üppigen Bauten zu ihrem nächsten Reiseziel.

1. Schwyz

Kloster Einsiedeln

Der Ort Genau genommen reicht die Geschichte des Klosters ins Jahr 828 zurück, als sich der Benediktiner Meinrad als Einsiedler auf den Etzel zurückzog. An der Stelle, wo er kurz darauf von Landstreichern erschlagen wurde, entstanden in den Folgejahrhunderten mehrere Gotteshäuser, die teils Bränden zum Opfer fielen. Die doppeltürmige Barockkirche, die heute das Herz der Anlage darstellt, wurde von 1720 bis 1735 nach Plänen des aus Österreich zugewanderten Laienbruders Caspar Moosbrugger erbaut; Bauleiter war sein Bruder Johann Moosbrugger. Und auch die Innenausschmückung ist ein Brüderwerk: Cosmas Asam aus Bayern schuf die Deckengemälde, Egid Asam den Stuck. Und die scheinarchitektonische Ausmalung des Chores (die fast an Tiepolo gegangen wäre, was dann aber doch zu teuer war!) verdankt sich den Fratelli Torricelli aus Lugano.

Nur hier ist Blackfacing noch okay: 1803 wurde die Schwarze Madonna – gewissermassen Hausherrin der Kirche und heute Ziel von 800 000 Pilgern – vom jahrhundertedicken Kerzenruss befreit. Das plötzlich wieder rosige Gesicht der Figur kam aber gar nicht gut an – und wurde kurzerhand schwarz angemalt.

2. Solothurn

Schloss Waldegg

Der Ort Das nennt man effektvolle Inszenierung: Es macht schon Eindruck, wie man erst die 500 Meter lange Allee entlang muss, um das an ihrem Ende leicht erhöht thronende Schlösschen zu erreichen … Zumal das am Stadtrand Solothurns gelegene Bijou so designt wurde, dass sich seine Fassade über imposante 70 Meter breitmacht (während die Gebäudetiefe mit 12 Metern eher bescheiden ausfällt). In den 1680ern als Sommersitz für den Schultheiss (also hohen Beamten) Johann Viktor I. von Besenval erbaut, ist die Waldegg die Luxusvariante des damals bei der Oberschicht populären Gebäudetyps des Türmlihauses. 1989 hat der Kanton das Schloss zum Museum umfunktioniert – und dazu Wandmalereien freigelegt, epochengerecht möbliert und den reizvollen kleinen Barockgarten rekonstruiert.

Nur hier ist ein architektonischer Zeitzeuge des Ancien Régime – Solothurn beherbergte bis 1792 die französische Gesandtschaft in der Alten Eidgenossenschaft – so luftig gelegen. Das verdankt sich den letzten Besitzern, die 1963 im Schenkungsvertrag festlegten, dass, um die Gesamtwirkung des Anwesens zu erhalten, die dazugehörigen Ländereien nicht bebaut werden dürfen.

3. Zürich

Kirche St. Peter

Der Ort So, wie wir ihn kennen, wurde der St. Peter 1706 als erste reformierte Kirche Zürichs eingeweiht. Das erste Gotteshaus an diesem Fleck war er aber mitnichten: Archäologen haben nachgewiesen, dass hier schon im 8. Jahrhundert ein Kirchlein stand – das erst von einem frühromanischen und dann, um 1230, von einem spätromanischen Bau ersetzt wurde. Von Letzterem stammen der aktuelle Chor (wo Rudolf Brun, der erste Bürgermeister Zürichs, begraben liegt) und der untere Teil des Turms, der seine finale Form um 1500 erhielt (und dessen Uhr bis ins 18. Jh. die einzige öffentliche der Stadt war). Das heutige Kirchenschiff mit barockem Emporensaal wurde 1705 gebaut, und zwar im Blitztempo: Im Sommer begann man mit dem Abbruch der alten Kirche, und noch vor Weihnachten feierte man das Richtfest der neuen. Im Folgejahr gingen die Stuckateure ans Werk, und am 14. November fand der erste Gottesdienst statt, bei dem der Diakon «drei Stunden im Schweisse seines Angesichts» gepredigt haben soll.

Nur hier haben Turm und Kirchenschiff verschiedene Eigentümer: Ersterer gehört der Stadt Zürich, Letzteres der Kirchgemeinde St. Peter.

4. Aargau

Schloss Wildegg

Der Ort Zunächst mal ist es ganz wichtig, das Schloss Wildegg nicht mit dem Schloss Waldegg (siehe Nr. 2) durcheinanderzubringen! Ersteres, das auf einem Felsausläufer des Chestenbergs rund 80 Meter über der Gemeinde Wildegg-Möriken thront, ist einiges älter: Es besteht im Kern aus einer Burg, die anfangs des 13. Jahrhunderts zwecks Kontrolle einer strategisch wichtigen Aarestelle für die Habsburger errichtet worden und 1552 nach einem Blitzeinschlag bis aufs Mauerwerk ausgebrannt war. Zum Barockstil fand das schmucke Stück erst in den 1680ern, als es zum Wohnschloss ausgebaut wurde. Da gehörte es bereits der Aargauer Aristokratenfamilie Effinger, die es über elf Generationen weiterreichte – bis das letzte «Burgfräulein», Julie von Effinger, 1912 kinderlos starb und ihr Schloss der Eidgenossenschaft vermachte, die es noch vor dem Ende des Ersten Weltkriegs zum Museum umfunktionierte.

Nur hier wachsen auf der grossen Gartenterrasse ganze 300 alte Gemüse-, Getreide- und Beerensorten sowie Würz- und Heilkräuter. Alle Setzlinge stammen von der Stiftung ProSpecieRara, die sich für die Erhaltung der biologischen Artenvielfalt einsetzt.

5. St. Gallen

Stiftsbibliothek

Der Ort Von aussen ist sie ja eher unscheinbar, die Bibliothek des ehemaligen Benediktinerstifts St. Gallen. Von innen aber: Potzblitz! Der zwischen 1758 und 1767 erbaute (und 1983 zum Unesco-Weltkulturerbe erklärte) Saal ist definitiv das prächtigste Stück weltlicher Barockbaukunst der Schweiz – und obendrein, um die griechische Inschrift über dem säulenflankierten Eingang zu zitieren, eine «Apotheke für den Geist» (schön!). Ihr bis ins 8. Jahrhundert zurückreichender Bestand (170 000 Bücher, darunter 2100 Handschriften) hat schon Feuer, Plünderung und Reformation getrotzt – in vergitterten Regalschränken aus der klostereigenen Schreinerei, die praktisch die ganze Wandfläche bedecken, vom mit Sternen und Ranken verzierten Parkettboden (Filzfinken obligatorisch!) bis unter die mit Stuck und Malereien üppig verzierte Decke.

Nur hier gibts eine bibliothekseigene ägyptische Mumie samt zwei Sarkophagen zu bestaunen! Die sogenannte Schepenese-Mumie kam 1820 in die Schweiz: Der damalige St. Galler Landammann erhielt sie von einem in Alexandria lebenden Freund – als Geschenk. Originell!

6. Neuenburg

Hôtel DuPeyrou

Der Ort Man kann es sich heute kaum noch vorstellen, aber einst war das Hôtel DuPeyrou, das wohl schönste Gebäude Neuenburgs, von Weinbergen umgeben und seine Gärten reichten bis zum See. Das zwischen 1765 und 1771 errichtete, vom Berner Architekten Erasmus Ritter entworfene Herrenhaus und seine Anbauten bilden eine barocke Anlage, die von symmetrischen französischen Gärten gerahmt wird. Noch heute trägt das Bijou den Namen seines ersten Besitzers, Pierre-Alexandre DuPeyrou; der in Surinam geborene Spross eines Plantagenbesitzers war steinreich, Protestant – und Freund von Jean-Jacques Rousseau, dessen erstes Gesamtwerk er 1788 herausgab. Sein ehemaliges Wohnhaus ist heute im Besitz der Stadt Neuenburg, weshalb eine kleine Galerie die Entwicklung der Stadt nacherzählt; das Parterre des Hôtel DuPeyrou ist indes eine beliebte Adresse für Gourmets.

Nur hier, in eben diesem Restaurant, wurde dem damaligen französischen Präsidenten François Mitterrand 1983 ein «Soufflé à la fée verte» mit Absinth serviert, was dem Küchenchef eine Klage einbrachte, da dieser Alkohol in der Schweiz noch verboten war.

7. Thurgau

Karthause & Klosterkirche Ittingen

Der Ort Nur einen Steinwurf von Frauenfeld entfernt liegt einer der grössten Landwirtschaftsbetriebe des Kantons Thurgau: der Gutshof des Kartause Ittingen. Mönche bewohnten das 1150 gegründete Kloster nur bis 1848; heute beherbergt die sehr gut erhaltene Anlage ein Seminarzentrum, ein Heim für Menschen mit Beeinträchtigung, ein Hotel samt Restaurant, zwei Museen (Kunstmuseum Thurgau und Ittinger Klostermuseum) sowie ein Lädeli, in dem unter anderem ein eigenes Bier sowie Erzeugnisse aus der hofeigenen Käserei feilgeboten werden. Und dann ist da natürlich die Kirche, die von der Blütezeit des Kartäuserklosters im 18. Jahrhundert zeugt: Aus jener Zeit datieren das barocke Chorgestühl des Holzschnitzers Chrisostomus Fröhli (1701 fertiggestellt) sowie die durch ein Team von süddeutschen Künstlern ausgeführte Rokokodekoration (1763 bis 1767). Die Altarbilder stammen vom Konstanzer Hofmaler Franz Ludwig Hermann.

Nur hier wurde für den Besuch des deutschen Kaisers Wilhelm II. am 4. September 1912 extra eine Wassertoilette mit Spülvorrichtung eingebaut – damals noch eine absolute Rarität in der Schweiz!

8. Bern

Schloss Jegenstorf

Der Ort Das Jahr 1720 markiert einen Wendepunkt in der Geschichte des Schlosses Jegenstorf, das wenige Kilometer nördlich von Bern liegt: Der neue Besitzer, Albrecht Friedrich von Erlach aus dem gleichnamigen Berner Uradelsgeschlecht, verwandelt das vormals mittelalterliche Gebäude in ein elegantes Herrenhaus. Zurück von seiner Kavalierstour durch Deutschland, Holland und vor allem Frankreich lässt der frisch verheiratete Fürst die Innenräume nach der neusten französischen Mode umgestalten; aussen gesellen sich zum ursprünglich einzigen kleinen Eckturm drei weitere Türme hinzu, was dem Anwesen das fast symmetrische Aussehen gibt, das wir heute kennen. Die vielen Marmorcheminées und Kachelöfen in den Innenräumen erwarb indes erst der letzte Schlossherr, Arthur von Stürler, aus diversen Abbruchobjekten. Nach seinem Tod 1934 wurde das Schloss öffentlich zugänglich; heute beherbergt es die grösste Sammlung barocker Malerei der Schweiz.

Nur hier wurde ein Stück Schweizer Militärgeschichte mitgeschrieben: Während der letzten Monate des Zweiten Weltkriegs war das Schloss der Sitz von Oberbefehlshaber General Henri Guisan.

9. Waadt

Reformierte Kirche Yverdon

Der Ort Das imposante Gotteshaus nahm in den 1750er-Jahren den Platz der aus dem 14. Jahrhundert stammenden, nach der Eroberung durch Bern im Sinn der Reformation von Bildern und Altären gesäuberten Liebfrauenkirche (Notre Dame) ein. Zusammen mit dem Rathaus und dem Logis de l’Aigle royal – ebenfalls aus dem 18. Jahrhundert – bildet die Temple d’Yverdon genannte Kirche ein homogenes Barockensemble, das den Pestalozziplatz einrahmt. Die Pläne für das Gotteshaus stammen vom Genfer Jean-Michel Billon, der sich dafür vom Temple de la Fusterie in Genf und von der Heiliggeistkirche in Bern inspirieren liess. Die im Stil des italienischen Barocks gestaltete Fassade aus Hauterive-Stein aus der Region ziert der Leitspruch der Stadt: Superna quaerite (Suchet, was droben ist). Im Inneren hebt sich vor schneeweissen Wänden das Juwel der Kirche ab, die aus Süddeutschland stammende Orgel, deren reiche Schnitzereien mit Blattgold bedeckt sind.

Nur hier stammen fünf der sechs Glocken im (als Einziges vom katholischen Vorgängerbau erhaltenen) Glockenturm aus der Zeit vor 1500. Das ist einzigartig in Europa!

10. Solothurn

St.-Ursenkathedrale

Der Ort Herrschaften, was wurde gestritten, bis diese Kirche endlich stand! Da wurde geplant, verworfen, neu geplant. Ein bisschen gebaut, der Architekt ausgewechselt; zwischendrin stürzte auch mal was ein. Aber item, 1773 war sie schliesslich fertig – und wirkt, das muss man ihr lassen, nicht unmajestätisch auf ihrer erhöhten Terrasse, zu der eine monumentale Freitreppe hochführt. Weil nun eben alles etwas turbulent zuging bei diesem bedeutendsten Bau, der je aus Solothurner Jura-Kalkstein realisiert wurde, ist er im Innern bereits klassizistisch schlicht, während der Turm – ja, nur einer; der zweite war geplant, schaffte es aber nie übers Fundament hinaus, da zu teuer – und die Fassade noch im barocken Stil gestaltet sind. Letztere zieren drei Reliefs des Spätbarockmeisters Johann Baptist Babel; eins zeigt den Märtyrertod der Kirchenpatrone Urs und Viktor, die als Teil der Thebaischen Legion das Götzenopfer verweigerten und auf der Aarebrücke geköpft wurden.

Nur hier dreht sich alles um die 11: Die Treppe auf dem Vorplatz hat dreimal elf Stufen, im Innenraum stehen elf Altäre, der Turm ist sechsmal elf Meter hoch und hat elf Glocken. Zudem dauerte der Bau elf Jahre.