Destination Shopping: Neue Adressen, an denen man schläft und schoppt wie sonst nirgendwo.

1. London

Weckt den Dandy in Ihnen

Übernachten Man sei hier zwar «flamboyant gekleidet», heisst es auf der Website, aber «huldige doch dem gepflegten Understatement». Mit anderen Worten: Im «Mayfair Townhouse» regiert das Dandytum! Worin sich das manifestiert? In kräftigen Wandfarben und schweren Teppichen, liebevollst angerichtetem Oat Meat zum Zmorgen und einem Concierge, der alle kleinen Widrigkeiten des Alltags aus dem Weg räumt. Bei Letzterem kann man auch ein hübsches Picknickkörbchen (inklusive Champagner und einem Duftwässerchen von Acqua di Parma, wie gesagt: Dandy!) bestellen, das man – hey, es gibt kein schlechtes Wetter, nur schlechte Ausrüstung – in einen der nahen Parks mitnimmt. Bleibt nur die Frage: Hyde Park oder Green Park? Das «Townhouse» liegt genau in der Mitte.

Souvenir Nur einen Katzensprung entfernt wartet die älteste Herrenschneiderei der Savile Row. Seit 1771 residiert Gieves & Hawkes an der Hausnummer 1. Fast 7000 Anzüge – teils bespoke, also von A bis Z nach Kundenwunsch – werden pro Jahr hier geschneidert.

www.themayfairtownhouse.com, ab ca. 530 Fr.

www.gievesandhawkes.com

2. Genf

Sogar die Türgriffe sind vom Feinsten

Übernachten Wie schlafen, wenn der Blick in den «Woodward»-Suiten auf Mont Blanc und Genfersee geht?! Lang hat man auf dieses neue 5-Sterne-Hotel der Oetker Collection gewartet; seit dem 1. September ist es da – und damit endlich wieder Leben eingekehrt in den neoklassizistischen Bau mit Jahrgang 1901, der schon früher (als Hotel Bellevue) die europäische Hautevolee empfing. Mit grosser Sorgfalt von Pierre-Yves Rochon renoviert, sind die 26 Suiten nun im Stil eines vornehmen Stadtpalais eingerichtet: weisser Carrara-Marmor, Strohmarketerie, Lalique-Türgriffe … Natürlich gibts auch ein Spa (von Guerlain), ausserdem gleich zwei Restaurants – darunter das schweizweit einzige «Atelier» des 2018 verstorbenen Spitzengastronoms Joël Robuchon.

Souvenir In ihrem kleinen Laden in der Rue des Étuves, nur einen Steinwurf vom See entfernt, bieten Laurence Imstepf (Mademoiselle L) und Laure Gaury (T’as pas l’heure) ihre eigenen Kreationen sowie Mode und Accessoires von anderen lokalen Designern an.

www.oetkercollection.com/de/hotels/the-woodward, ab ca. 1000 Fr

www.ll-swissdesign.ch

3. Madrid

Danke für dieses Prachtstück, USA!

Übernachten Wie ein Kreuzfahrtschiff steht er da: der Palacio de la Equitativa mit seiner kupfergekrönten Rotunde, Ende des 19. Jahrhunderts von José Grases Riera mitten ins Herz der spanischen Hauptstadt hineingebaut. Einen imposanten Hauptsitz in Übersee hatte sich die US-amerikanische Equitable Life Assurance Society – die damals grösste Lebensversicherungsgesellschaft der Welt – da geleistet! Heute beherbergt der Palacio das «Four Seasons» und ist Teil eines historischen Gebäudekomplexes, zu dem unter anderem auch die gediegene Canalejas-Einkaufsgalerie gehört.

Souvenir In zehn Minuten ist man vom Hotel zur Espadrilles-Manufaktur Casa Hernanz geschlendert – unweit der Plaza Mayor, wo schon Mitte des 19. Jahrhunderts die Bauern aus den Aussenbezirken Madrids ihre Alpargatas von Toribio Hernanz kauften. Heute empfängt sein Grossneffe Jesús die Kunden in einem klimatisierten Geschäft; nach Jute, Esparto und anderen Seilfasern riecht es freilich noch immer.

www.fourseasons.com/madrid, ab ca. 650 Fr.

www.casahernanz.es

4. Prag

Aussen nüchtern, innen verspielt

Übernachten Er verblüfft einen schon ein bisschen, dieser – auf nicht eben gewinnende Art – nüchterne Häuserblock inmitten des in barocke Verrücktheiten so vernarrten Prager Stadtzentrums. Der Schlüssel liegt in der Historie: Das heutige «Mosaic House Design Hotel» wurde 1934 als Sitz einer Gewerkschaft gebaut – samt einem Theater, in dem sich Arbeiter unterhalten liessen. Kein Wunder also, umweht noch immer ein gewisser funktionalistischer Geist das Äussere dieses Hauses … Innen drin indes siehts ganz anders aus, seit das Hotel 2020 neu gestaltet wurde und einen fröhlichcoolen Grundton verpasst bekam. Und wer hats erfunden? Drei Schweizer! Genauer: Das umtriebige Trio vom Atelier Oï, dessen totempfahlartigen Leuchtobjekte in den hohen Räumen prima zur Geltung kommen.

Souvenir Passend zum schlichtschmucken Hotel: die Tuniken und Kleider von Martina Hollasová. Seit einem Vierteljahrhundert schneidert sie in ihrem Atelier aus Biobaumwolle und edlen Stoffen Stücke von bohemehafter Eleganz.

www.mosaichouse.com, ab ca. 150 Fr.

www.tinahollas.com

5. Helsinki

Vom Vater eines berühmten Sohnes

Übernachten Es macht Spass, sich auszumalen, während man im «Scandic Grand Central» eincheckt, wie hier einst die Beamten im ehemaligen Verwaltungsgebäude des Hauptbahnhofs Helsinki umherwuselten. Und nachdem man sich an diesen inneren Bildern sattgesehen hat, kann man dazu übergehen, die baulichen Finessen dieses Meisterwerks der finnischen Jugendstilarchitektur zu bewundern. Entworfen vom Star des Genres, Eliel Saarinen (dem Vater des sogar noch bekannteren Architekten Eero Saarinen!), wurde es nun nach den Originalplänen sorgfältig restauriert.

Souvenir Sags mit Blumen – auf einem Kleid von Marimekko! Die Geschichte der Firma begann in den 1950ern, als eine bankrotte Öltuchfabrik in eine Textilfabrik umgewandelt wurde. Um den mit Künstlerzeichnungen bedruckten Stoffen mehr Sichtbarkeit zu verschaffen, lancierte man eine kleine Kleiderkollektion – die es wundersamerweise bis in die USA schaffte, an den vielfotografierten Leib von Jackie Kennedy. Die Folge: Weltruhm. Und Kultstatus – bis heute.

www.scandichotels.com/hotels/finland/helsinki/scandic-grand-central-helsinki, ca 150 Fr.

www.marimekko.com

6. Warschau

So bequem kann Japan-Askese sein

Übernachten Was macht Robert de Niro in Polen? Business, of course! Für den sechsten europäischen Standort seiner flott wachsenden «Nobu»-Hotelkette (der siebte wird ein Hochhaus in Hamburg!) liess der Schaupieler-Unternehmer einen Art-déco-Bau um einen futuristischen Flügel erweitern. Sieht chic aus, muss man zugeben. Auch innen: Da stösst japanische Askese auf jeden Komfort, den sich die anspruchsvolle Städtreisende nur wünschen kann. Hungrig? Im Parterre tischt de Niros Geschäftspartner, Starkoch Nobuyuki Matsuhisa, sein famoses Fusion Food auf.

Souvenir Als Olga Tokarczuk 2019 den Literaturnobelpreis erhielt, trug sie zum Gala-Dinner im Stockholmer Königspalast ein Kleid von Tomasz Ossoliński. Kein Wunder. Der 44-jährige Couturier ist sozusagen der polnische Oscar de la Renta der Jetztzeit: Seine Würfe (auch für Herren, übrigens) haben jenes fein austarierte Mass an Extravaganz, das dem Zeitlos-Eleganten alles Langweilige austreibt. Zum Beispiel sein Signature Piece, der Pyjama Suit: wolkenzart, uni oder wild gemustert – und fürs Schlafen viel zu schön!

www.warsaw.nobuhotels.com, ca. 180 Fr.

www.ossolinski.com

7. Paris

Un peu chic, a little fancy

Übernachten Draussen der atemberaubende Blick auf die Gleise des Gare de l’Est, drinnen eine fröhlichkitschige Atmosphäre , welche die Handschrift des britischen Designers der Stunde trägt: Luke Edward Hall erhielt die Carte blanche (die er freilich rasch auf bunt trimmte!), um dem «Hôtel Les Deux Gares», das in einem altehrwürdigen Bau zwischen dem Gare du Nord und dem Gare de l’Est zu finden ist, ein komplett neues Innenleben zu verpassen. Der junge Engländer tat wie geheissen – und hat eine Welt geschaffen, in der Art déco, die Sixties, Kitschtapeten und Sofas mit Leo-print zu einem anregenden französisch-britischen Mix zusammenfinden.

Souvenir Wie wärs mit einem Paar Handschuhe von Agnelle? Die Protagonistin aus «Emily in Paris», James Bond in «Spectre» wurden hier auch schon fündig, ebenso Lady Gaga für ihren Oscar-Auftritt 2015. Seit 1937 in Frauenhand – in mittlerweile vierter Generation! – pflegt die Firma aus der Limousin-Region ihr Know-how und spannt mit allen grossen Namen der französischen Modebranche zusammen.

www.hoteldeuxgares.com, ca. 130 Fr.

www.agnelle.com

8. Zürich

Mit dem Segen von Great Gatsby

Übernachten Nachdem sein direkter Nachbar und Konkurrent, das «Eden au Lac», sich unlängst eine ausgiebige Frischekur gegönnt hat, zieht nun auch das altehrwürdige «Bellerive» nach. Und wie! Die (nach Davos und Luzern) dritte Schweizer Adresse der Kölner Ameron-Kette setzt auf mondäne Wohnlichkeit, in der sich auch The Great Gatsby sofort wohl fühlen würde: viel polierter dunkler Marmor, Spiegel, Golddetails … Recht so! Schliesslich entstand das Bellerive 1928 als Art-déco-Apartmenthaus. Die wiederbelebte Raffinesse reicht bis auf die Teller: Zum Champagner gibts Streetfood deluxe oder Feines vom Lavagrill.

Souvenir Als Kind einer Japanerin und eines Schweizers ist Kazu Huggler seit jeher in zwei Kulturen zuhaus. Nachdem sie in Tokio Kunst und in London Modedesign studiert hatte (u. a. bei Vivienne Westwood), gründete sie 2002 ihr Label, dessen Stücke – zart und zeitlos wie Origami – exklusiv im Zürcher Atelier entstehen. Ihrer zweiten Heimat bleibt sie aber nah: Seit dem Erdbeben 2011 unterstützt Huggler japanische Näherinnen.

www.ameronhotels.com/de/zuerich-bellerive-au-lac, ca. 250 Fr.

www.kazu.swiss

9. Mailand

Zeitzeuge mit frischer Füllung

Übernachten Sind wir wirklich noch im geschäftig wuselnden Mailand? Das malerische Navigli-Quartier, von zwei Kanälen wie ein Kuchenstück zurechtgeschnitten, erinnert eher an ein Mini-Venedig. Dabei bezeugt es als letzter Überrest des Milano vero, wie es hier vor 100 Jahren ausgesehen hat, bevor die nicht mehr wirtschaftsrelevanten Wasserstrassen zugeschüttet wurden, um Platz für Boulevards zu schaffen. Aus jener längst vergessenen Zeit stammt auch das hübsche vierstöckige Haus an der Via Savona 18, das seit 2017 ein Hotel zum Verlieben beherbergt: Innen von Designer Aldo Cibic – einem Mitbegründer der kultigen Gruppe Memphis! – komplett neu gestaltet, bringt das «Savona 18» jedes Ästhetenherz zum Hüpfen: hell, kein Schnickschnack, nur hie und da ein wohlgesetzter Farb- oder Formakzent.

Souvenir Selbst wer mit Hüten nichts anfangen kann, wird von der Cappelleria Melegari bezaubert sein: Das 1914 eröffnete, bis unters Dach vollgestopfte Hutmachergeschäft ist eine Diva von einem Laden.

www.savona18suites.it, ab ca. 150 Fr.

www.cappelleriamelegari.com

10. Kopenhagen

Schlicht macht glücklich

Übernachten Wenn ein ehemaliges Postamt so reizvoll wie hier in ein Boutique-Hotel umgewandelt wurde, dann hat es den Namen «Villa Copenhagen» redlich verdient. Die Belle-Epoque-Architektur des Baus, der ab 1912 Sitz des dänischen Post- und Telegrafenamts war, blieb erhalten, wohingegen die Einrichtung alles Altmodische abgeschüttelt hat und jetzt ganz auf die Finesse des skandinavischen Designs setzt: Kein ins Auge springender Luxus, sondern diese Atmosphäre von unprätentiösem Wohlbehagen, das die Dänen so gut beherrschen. Nicht ohne Grund streiten sie sich mit uns Schweizern darum, wer nun das glücklichste Volk der Welt sei!

Souvenir Malene Birger? Steht für schlichte, zeitlose Outfits mit weichen Konturen und klaren Linien. Die Modedesignerin, die sich für nachhaltige Produktion und gegen den Überkonsum starkmacht, betrat die Fashionbühne mit ihrer Premiere an der Kopenhagener Modewoche 2004; zwei Jahre später eröffnete sie ihre erste Boutique im Stadtteil Indre By.

www.villacopenhagen.com, ca. 160 Fr.

www.bymalenebirger.com

Emmanuel Macron sagt: Die Samaritaine ist auch ein Tempel der französischen Lebensart

Shoppen und Schlafen in dern neuen Samaritaine

Der Umbau hätte nicht länger als sechs Jahre dauern sollen. Nun, es brauchte 16 … und 750 Millionen Euro, bis die Samaritaine endlich in ihrem einstigen Glanz erstrahlte und am 23. Juni mit viel Trara wiedereröffnet wurde. President Emmanuel Macron höchstselbst war da und freute sich, dass «dieser Tempel des Shoppings und der französischen Lebensart zurück zum Leben erweckt» worden sei.


Ja: Etwas Tempelartiges hat es tatsächlich, das 1870 eröffnete Pariser Kaufhaus mit seinen fast 48 000, auf vier grandiose Jugendstil- und Art-déco-Gebäude verteilten Quadratmetern. Der zwischen der Rue de Rivoli und der Seine gelegene Komplex gehört seit 2001 der LVMH-Gruppe, welche nun auch für die Restaurierung verantwortlich zeichnet. Historische Elemente, die lang verborgen oder beschädigt waren, sind nun wieder intakt; und auch sonst hat die Samaritaine Museums-Charakter mit ihrer grossen Treppe samt Blattgoldgeländer, dem Emaille-Dekor und dem Fresko mit Tier- und Blumenmotiven im fünften Stock, welches das riesige Glasdach umrahmt.


Luxusmarken und kleine Designer teilen sich dieses herrliche Etablissement neu mit einem Fünf-Sterne-Hotel: Das «Cheval Blanc», ebenfalls im Besitz von LVMH, hat 72 Zimmer mit einer Aussicht zu bieten, die es mit jeder Postkarte aufnehmen kann. Darfs sogar noch ein bisschen mehr sein? Dann empfehlen wir die 1000-Quadratmeter-Suite mit Pool auf dem Dach.
Interessant: In einer Zeit, wo alle online shoppen, setzt dieser durch und durch physisch zu erlebende Konsumtempel zum Gegenangriff an. Wie lautete doch der Werbeslogan aus den 1960ern und 1970ern? «On trouve tout à la Samaritaine.»

Le bâtiment principal de la Samaritaine est inscrit au titre des monuments historiques.