Vergessen. Abschalten. Den Kopf frei bekommen. Fünf stilvolle Hotels in der Schweiz, ganz nah und doch weit weg, um wieder zu sich selbst zu finden. Oder zu der Person, die man liebt...

1. Berghotel zur Sau, das Heidi-Experiment

Der Ort: Haben Sie Lust, dorthin zu fahren? Dann müssen Sie es wirklich wollen! Der abgelegene Weiler Abländschen, ganz in der Nähe des schicken Ferienorts Gstaad, zählt nur 40 Kühe und drei Bauernfamilien… aber was für eine Kunst des Genusses! Das Berghotel zur Sau bietet einen idyllischen Rückzugsort fernab vom Trubel inmitten der friedlichen Täler des Berner Oberlands. Auf dem Programm stehen: unvorstellbare Stille, Wanderungen wie auf einer Postkarte, echtes Bauernleben… und eine köstliche Küche.

Die Inspiration: Seit Sommer 2021 perfektioniert das Gasthaus ein innovatives Konzept: lokale Produkte durch eine gastronomische Vision zu veredeln. Das Gemüse ist saisonal und die Lieferanten kommen aus den üppigen Regionen Saanen, Jaun oder direkt aus dem Dorf. Schweizer Weine stehen natürlich auf der Karte, ebenso wie Cocktails mit Extrakten aus Alpenpflanzen (einige davon wurden gemeinsam mit Küchenchef Andreas Caminada entwickelt). Was die Verbindung angeht, so ist hier nur die Verbindung zur Natur von Bedeutung.

Die Völlerei: Der vor Ort gereifte Alpkäse versteht sich von selbst, aber auch die „Côtes de cochon“ – ein Favorit der Küche, der übrigens dem Ort seinen Namen gibt, denn „Sau“ bedeutet Sau. Empfindliche Gemüter aufgepasst: Man sollte sich nicht zu sehr mit den vor Ort gezüchteten Duroc-Ferkeln oder den Zicklein anfreunden, wenn man die Fleischkarte würdigen möchte.

Berghotel Zur Sau, Abländschenstrasse 55, Abländschen, ab 240 CHF pro Doppelzimmer. www.bergdorf-ablaendschen.ch

2. Hôtel de la Cigogne in St-Ursanne, klösterliche Ruhe

Der Ort: Die reizvolle mittelalterliche Stadt St-Ursanne ist ein Ort, an dem man dem Trubel der Welt entfliehen kann. Das Hotel de la Cigogne, das letztes Jahr von der Gruppe Definitely Different (die auch hinter Whitepod in Monthey und den Peanut Hotels steht) eröffnet wurde, sorgt für absolute Entspannung: zwölf weisse Zimmer mit Arkaden, gepflegter Beleuchtung und hochwertigen Betten, luxuriöser Komfort. Eine schöne Art, ein einst veraltetes Gebäude wieder begehrenswert zu machen.

Die Inspiration: Der angrenzende Kreuzgang gab den Ton an: Das Hotel sollte eine klösterliche Ästhetik erhalten. Diese radikale Entscheidung entsprang dem Wunsch nach einem „Erlebnis-Hotel“, das alten Gemäuern neues Leben einhaucht und ihnen nach der Renovierung eine starke Identität verleiht, die es sonst nirgendwo gibt.

Die Völlerei: Für irdische Speisen muss man sich ins nahegelegene Hotel du Bœuf begeben, das von derselben Gruppe geführt wird. Das Restaurant Pastaverne serviert (wie der Name schon sagt) Pasta – allerdings hausgemachte! – sowie schöne Fleischstücke oder die berühmten Forellen aus dem Jura. Die Köstlichkeiten, die im La Cigogne angeboten werden, sind von ganz anderer Art: In einem Aussen-Spa können Sie ein 75-minütiges Ritual geniessen, das jedem erschöpften Stadtmenschen neue Energie verleiht.

Hôtel de la Cigogne, Rue du 23-juin 41, St-Ursanne, Zimmer ca. 350 Fr., www.hoteldelacigogne.com,

3. Hotel Rosenlaui im Berner Oberland, Romantik der Belle Epoque

Der Ort: Auf 1330 Metern Höhe, inmitten der schroffen Felsen des Rosenlaui-Tals im Berner Oberland, thront dieses historische Hotel seit 1771 über den Bergen. Am Fusse des Gebäudes plätschert ein Bach und trägt so zu dem romantischen Bild bei, das die ersten englischen Touristen auf den Gipfeln so sehr schätzten. Die Zimmer und Salons sind im Stil der Belle Epoque erhalten geblieben, mit wunderschönen Holzvertäfelungen, die den Stil dieser Zeit widerspiegeln. Die Sanitäranlagen befinden sich auf der Etage, aber was für ein Charme, was für eine blumige Tapete, was für eine Flucht aus dem Alltag!

Die Inspiration: Wenn man schon von allem abgeschnitten ist, kann man auch gleich aufs Ganze gehen! Keine Telefon- oder Internetverbindung (ausser in der Küche, für Notfälle), kein Fernseher, nicht einmal Radio. Die Idee dahinter ist, das Lesen, Gesellschaftsspiele und Gespräche zwischen Menschen zu fördern.

Die Völlerei: Wie es sich in einem solchen Rahmen gehört, ist das Abendessen (im Übernachtungspreis inbegriffen) ein Ereignis mit weisser Tischdecke. Auf den edlen Tellern wird die alpine Gastronomie mit frischen Kräutern und Milchprodukten aus der Region zelebriert. Aufgrund dieser kurzen Lieferkette ist das ansonsten sehr beliebte Menü für Menschen mit Laktoseintoleranz und Vegetarier nicht zu empfehlen.

Hotel Rosenlaui, Doppelzimmer ab 250 Franken (inklusive Abendessen), erreichbar mit dem Postauto von Meiringen oder Grindelwald – oder zu Fuss (3 bis 5 Stunden). Eventuell auch mit dem Auto von Meiringen über eine gebührenpflichtige Strasse. www.rosenlaui.com

4. Montagne alternative in Commeire, die Lektion der Berge

Der Ort: An der Strasse, die sich zum Grossen Sankt Bernhard-Pass im Wallis schlängelt, lag auf 1450 Metern Höhe ein verlassenes Dorf. Doch dann kamen zwei unerschrockene Unternehmer, Cousins, Belgier und Visionäre, bauten die jahrhundertealten Scheunen und Chalets ab und bauten sie schöner als zuvor wieder auf. Das war im Jahr 2014, und die Arbeiten wurden nach allen Regeln der Kunst und unter Wahrung des traditionellen Know-hows durchgeführt – zumindest in ästhetischer Hinsicht, denn hinter den alten Balken verbirgt sich das Neueste in Sachen Isolierung und Energieerzeugung. Heute verfügt der Komplex über 28 Zimmer und 5 Tagungsräume (die für Firmenseminare im Grünen sehr beliebt sind) und gilt als Vorbild für sanften Tourismus.

Die Inspiration: Lärchenholz und noch mehr Lärchenholz! Die Zimmer setzen auf ein schlichtes Design, das der majestätischen Landschaft den Vortritt lässt. Der Blick und das Herz müssen sich nach aussen richten, um die Grösse der Natur in sich aufzunehmen und unser kleines menschliches Leben zu relativieren.

Die Völlerei: Was wäre das Wallis ohne Raclette? Der Carnotzet in einem alten Gewölbekeller ist der ideale Ort für ein Raclette vom Holzfeuer. Der Käse stammt natürlich aus der Molkerei von Orsière und wird von einer Walliser Käseplatte begleitet. Alternative: Nehmen Sie Ihr Taschencaquelon und das gesamte Zubehör für eine Fondue-Pause während der Wanderung mit. Die Einfachheit bedeutet auch, dass das Haus ausser dem Carnotzet (das privat genutzt werden kann) kein weiteres Restaurant hat, aber die Zimmer sind mit einer Küche ausgestattet.

Montagne alternative, Commeire 50, Orsières, Doppelzimmer ab 257 Fr., www.montagne-alternative.com

5. «Albergo Diffuso» in Corippo, ein Sprung in die Vergangenheit

Der Ort: Das Konzept der „verstreuten Herberge“ entstand in Italien mit dem Ziel, verlassene Dörfer wiederzubeleben und gleichzeitig Stadtbewohner, die sich nach Authentizität sehnen, zu einem Aufenthalt in alten Gemäuern einzuladen. Die Gäste übernachten also nicht unbedingt in Zimmern, sondern eher in verschiedenen historischen Gebäuden. Dieser Ansatz ermöglicht es, die Häuser zeitgemäss auszustatten und gleichzeitig das lokale architektonische Erbe zu bewahren. Dieses erste Projekt im Tessin, das seit 2022 in einem unter Denkmalschutz stehenden Dorf besteht, verdankt seine Entstehung der Begeisterung eines jungen Paares: Désirée Voitle an der Rezeption und Jérémy Gehring in der Küche, beide erfahrene Profis, die mit den internationalen Hotelstandards bestens vertraut sind. Und ihrem kleinen Ernesto, bald 6 Jahre alt, der durch die gepflasterten Gassen galoppiert… Im Laufe der Zeit könnten weitere Häuser des Dorfes, die noch in Trümmern liegen, restauriert werden. Und vielleicht sogar eines Tages ein Spa, wer weiss?

Die Inspiration: Am rechten Ufer des Flusses Versasca schmiegt sich das Dorf Corripo wie so viele Tessiner Dörfer an den Felsen. Das türkisfarbene Wasser, das Leben spendet und die Zeit überdauert, gibt dem Hotelerlebnis Sinn und Kohärenz: Man kommt hierher, um zu baden, am Ufer spazieren zu gehen, Canyoning zu betreiben oder sich einfach vom Rauschen des Wassers verzaubern zu lassen. Die Logik des Eintauchens in die lokale Kultur verlangt auch, dass man das klare Alpenwasser trinkt – ohne Plastik und ohne Transport – dank eines sehr effizienten Reinigungssystems. Im Sinne der historischen Aufwertung bietet das Gasthaus auch lokale und handgemachte Produkte an, wie zum Beispiel diese Honigseifen.

Die Völlerei: Es versteht sich von selbst, dass der Küchenchef saisonale Produkte aus dem Tal bevorzugt, aber er legt auch grossen Wert darauf, „Toe to Tail“ zu praktizieren, d. h. alle Teile eines Schlachttiers zu verwerten. Die kleine Speisekarte bietet Gerichte, die in der Tradition des südlichen Alpenraums verwurzelt sind, und umfasst auch Terrinen und Produkte aus eigener Ernte.

Albergo Diffusoin Corippo, Verzasca-Tal, ab 235 Fr., www.corippoalbergodiffuso.ch