Seit über 150 Jahren stellt die Weseta Textil AG in Engi (GL) Frotteetücher her. Die sind so kuschelig, dass sie sogar ins Atelier-Pfister-Sortiment aufgenommen wurden.

Keiner wollte die Firma haben. Mir gefiel sie aber», erzählt Conrad Peyer, «weil sie so schön multikulti war, typisch für die Textilindustrie.»
1995 kauft der gebürtige Zürcher die Weseta Vereinigte Webereien Sernftal AG, die bis dahin seiner Familie und einer Handvoll Aktionäre gehört hat; seine erste Amtshandlung als Alleinbesitzer ist, dass er den Firmennamen zu Weseta Textil AG verkürzt. Der Ökonom, der schon Buchprüfungen für Textilfirmen durchgeführt hat, kennt sich in der Branche aus und spürt, dass das 1864 von Leonhard Blumer in Engi (GL) gegründete Unternehmen Potenzial hat. Nur schon die Lage inmitten der Glarner Alpen ist günstig: «Eine am Bergfuss gelegene Fabrik kann kostenlos auf das Wasser zugreifen, das von diesen Bergen herunterfliesst.» Heute geben ihm die Zahlen recht: Weseta produziert 150 Tonnen Frotteewäsche pro Jahr; die mittlerweile 32 Angestellten fertigen 3000 bis 5000 Stück pro Tag.


In der Anfangszeit der Firma entstanden hier noch verschiedene Textilien: Damast, Bettwäsche, Tischdecken, Hemdstoffe. Erst in den 1970er spezialisierte man sich auf Frottee und produziert seither für verschiedene Anbieter wie etwa Christian Fischbacher. Seit 2018 stellt Weseta für Atelier Pfister die Badetuchkollektion «Wald» her, für die der Zürcher Designer Alfredo Häberli verantwortlich zeichnet. In Engi erfolgen allerdings nur die letzten Produktionsschritte. Seinen Anfang nimmt jedes der weichen Tücher in Griechenland, wo Bio-Baumwolle von höchster Qualität wächst. Die Kleinproduzenten, die sie für Weseta anbauen, setzen auf Tröpfchenbewässerung, was den Wasserverbrauch um bis zu 50 Prozent reduziert. Zu dünnen, 60 Kilometer langen Fäden gesponnen und auf Spulen gewickelt, wird die Baumwolle in die Schweiz transportiert. Warum nicht als Rohstoff? «Die letzte hiesige Spinnerei, im Wallis, hat ihren Betrieb vor zehn Jahren eingestellt», seufzt Peyer.

Bio – sogar beim Öl

In der Schweiz macht die Baumwolle an mehreren Stationen Halt. Erst in Niederurnen (GL), wo Peyer für seine Maschinen und sieben Mitarbeiter eine Halle in der 200 Jahre alten Textilfabrik Jenny Fabrics AG mietet. Hier werden die Baumwollfäden von ihren Spulen abgerollt und verdickt; die dafür verwendete Maschine fasst unglaubliche 2496 Spulen! Am Ende des Prozesses messen die Baumwollfäden noch fünf bis sechs Kilometer.

Weiter gehts mit der Appretur, die dafür sorgt, dass die Baumwolle auf der Maschine nicht reisst: Die Fäden laufen über mehrere Zylinder und werden dabei mit einem stärkenden Bindemittel überzogen. Das alles geschieht ganz ohne Chemie: «Wir sind komplett bio», versichert Conrad Peyer, «bis hin zu den Ölen, die wir verwenden.» Die gestärkten Fäden gleiten weiter in die Webmaschine, die sie – mit den charakteristischen saugfähigen Schläufchen versehen – als 30 Meter lange Stoffbahn verlassen. Was für ein Lärm! Dass der durchs Weben flachgedrückte Frotteestoff wieder flauschig wird, dafür sorgt eine 100 Jahre alte Maschine: Sie bläst den Stoff so lang an, bis sich die kleinen Schlingen wieder aufrichten.

Von hier geht die Reise weiter ins aargauische Zofingen, wo die Stoffe über sogenannte Haspelkufen dem Färbebad zugeführt werden, und schliesslich nach Engi in die Weseta-Fabrik. Im zweiten Stock des von vielen Fenstern durchbrochenen historischen Gebäudes herrscht eine konstante Temperatur von 20 bis 21 Grad; ein riesiger Befeuchter hält die Luftfeuchtigkeit bei 65 Prozent: Verhältnisse, die Baumwolle besonders gut bekommen.

Mithilfe einer Industrienähmaschine und unter dem wachsamen Blick einer Mitarbeiterin werden die Frottiertücher nun gesäumt und zugeschnitten; scheinbar endlos sausen die Stoffbahnen von links nach rechts und von vorne nach hinten. Jetzt noch Etiketten dran (ebenfalls maschinell), und die Frotteetücher sind bereit für den Feinschliff: Jedes einzelne wird in die Hand genommen und kontrolliert, abstehende Fäden werden abgeschnitten, Fussel mittels Kleberollern entfernt. Dann werden die Tücher gefaltet, verpackt und in die Pfister-Filialen ausgeliefert.


Wer hätte gedacht, dass das kuschelige Material, mit dem wir uns jeweils nach dem Duschen trockenrubbeln, eine derart lange Reise hinter sich hat!

Conrad Peyer

Seit bald einem Vierteljahrhundert leitet der 57-Jährige die Geschicke der Weseta Textil AG. Am Anfang seiner Karriere stand eine Banklehre, danach studierte er Wirtschaft an der Uni Zürich. Dass er heute fliessend Französisch und Englisch spricht, verdankt er seinen ersten beiden Karrierestationen bei der Credit Suisse in Genf beziehungsweise bei einer Bank in England. Nach vier Jahren als Wirtschaftsprüfer wurde Peyer 34-jährig Alleinbesitzer jener Firma, die sein Grossvater mütterlicherseits 1929 gekauft hatte.