Die Winzer aus Neuenburg sind vorausschauend. Sie haben es geschafft, den ersten Schweizer Wein des Jahres, den ungefilterten Chasselas („non filtré“), im Januar auf den Markt zu bringen.
Im Gegensatz zum Beaujolais nouveau (der einige Wochen nach der Ernte im November erscheint) handelt es sich beim ungefilterten Chasselas um einen fertigen Wein, der durch die schwebenden Hefen eine erstaunliche Langlebigkeit garantiert. „Ich treffe meine Wahl im Keller. Für den ungefilterten Wein wähle ich den Tank, der mir am aromatischsten erscheint. Der 2022er, mit seinen Noten von Holunderblüte und Zitrusfrüchten, ist voller, aber auch trüber als andere Jahrgänge“, freut sich Elodie Kuntzer.
Die Önologie-Ingenieurin aus Changins hat vor einem Jahr die 20 Hektare des Familienbetriebs Saint-Sébaste mit ihrem Schwager übernommen, beide in ihren Dreissigern. Obwohl an den Weinbergen der Neuenburger Riviera weniger Hektare Chasselas kultiviert werden als Féchy an der Waadtländer Riviera, bleibt die Rebsorte der Genferseeregion die meistangebaute weisse Traube der Schweiz.
„Es ist eine edle Rebsorte, die grossartige Weine produzieren kann. Man kann sie auf verschiedene Arten vinifizieren und ich habe das Gefühl, dass sie beliebter ist als vor zehn Jahren.“, meint Kuntzer. Der Wechsel zur biodynamischen Landwirtschaft ab 2012 hat der Rebsorte gutgetan. „Sie hat eine bessere Struktur, die subjektive Säure ist lebhafter, sie scheint länger im Mund zu liegen und ist mineralischer.“ Und insbesondere, weil die Einhaltung der Demeter-Qualität Korrekturprodukte im Keller ausschliesst.
Neben den Chasselas „non filtré“ (5000 Liter) und „Sélection“ (dreimal mehr) bietet die Domaine Saint-Sébaste einen Chasselas „Vieilles Vignes“ (über 40 Jahre alt) an, für den ganze Trauben fermentiert werden und der seit vier Jahren in Amphoren vinifiziert wird – ein schönes Entwicklungspotenzial.