Immer mehr Luxushäuser suchen neue Höhen und Einsatzgebiete: Der Skisport steht dabei so hoch im Kurs wie noch nie. Die Logos der grossen Marken erobern die Pisten.

Nun auch Chanel. In einem Holzchalet aus dem frühen 20. Jahrhundert gibt das Haus diese Saison seine Premiere in Gstaad. Die Pop-up-Boutique bietet auf 120 Quadratmetern und zwei Etagen ab dem 18. Dezember nicht nur Schmuck, Parfum und Accessoires an, sondern auch die neue «Coco Neige»-Skikollektion. Ebenso technisch wie elegant interpretiert Chefdesignerin Virginie Viard den Stil der Hausgründerin für Piste und Après-Ski. Mademoiselle Chanel selbst war schliesslich in den 1930er-Jahren eine begeisterte Ski- und Schlittenfahrerin. Fotos zeigen sie mit gerippter Hose und einem weissen Schal um den Hals. Neben wasser- und wind-
abweisenden Satins oder Jerseys für Parkas, Overalls und Hosen in den typischen Farben Schwarz, Weiss, Beige oder Marine kommt heute besonders die Signalfarbe Fuchsia zum Einsatz: in kurzen Westen, Skianzügen oder einer Wendejacke aus schwarzem Leder und flauschigem Shearling.


«La montagne, ça vous gagne» (Sie haben sich die Berge verdient): Der Slogan, mit dem in den 1990er-Jahren der französische Skitourismus um neue Kunden warb, könnte heute auch für die Luxusmode gelten. Sie hat den Schnee und die Berge als neuen Absatzmarkt entdeckt und entwirft zunehmend Kleidung und Ausrüstung für den Wintersport. Für Sophie Lacoste, Co-Vorsitzende des französischen Skimodelabels Fusalp, ist das eine logische Entwicklung: «Ich würde sagen, dass sich das Phänomen nach der Coronapandemie verstärkt hat. Wie alle sehnen sich auch die sehr reichen Menschen nach sauberer Luft, einer anderen Beziehung zur Natur und einer bestimmten Vorstellung von Freiheit. Vielleicht entscheiden sie sich heute eher für die authentischen Alpen als für die Malediven im Winter … Natürlich folgen die Marken ihrer Klientel.»


Die Piste präpariert hätten jedoch Hotellerie und Gastronomie, meint Marie Dupin von der Beratungsagentur Nelly Rodi im Wirtschaftsmagazin «Les Echos». Diese hätten als Erste begonnen, ihre Angebote auf eine anspruchsvolle und zahlungskräftige Klientel zuzuschneiden – und damit den Rahmen geschaffen, in dem sich auch die Luxusmode wohlfühlt: «Viele Skidestinationen in den Alpen sind zu Hyperluxusorten geworden. Manche bieten heute eine höhere Dichte an Fünfsternehotels und Sternerestaurants als Paris.»


Die Dior-Boutique in St. Moritz wird diesen Winter ganz im Zeichen von Paris stehen: Die Kollektion «DiorAlps» vereint Funktionalität und Couture und setzt auf den Total Look. Daunenjacken, Parkas, Après-Ski-Stiefel oder Overalls sind alle mit dem schwarz-weiss-gedruckten «Plan de Paris»-Print verziert, den Maria Grazia Chiuri schon in der aktuellen Prêt-à-porter-Mode erstmalig vorstellte – eine Weiterentwicklung des Toile-de-Jouy-Musters des Hauses. Dazu kommen Strickmode und Skianzüge in den französischen Nationalfarben Blau, Weiss und Rot. Für eine Klientel, die weniger auf Logos denn auf Understatement auf und abseits der Piste setzen will, bietet Loro Piana dezente Naturtöne und locker fallende Silhouetten in seinen flauschigen Königsdisziplinen an: Kaschmir und Cashfur, eine warme, extrem weiche Seide-Kaschmir-Mischung mit Teddy-Optik.

Schaulaufen auf der Piste

Armani, bereits seit 2014 mit einer Boutique in St. Moritz präsent, startete mit der hauseigenen Skikollektion «Armani Neve» vier Jahre später. Letzten Dezember machte Giorgio Armani das alte Olympiastadion des Bergdorfes, heute bewohnt von Möbeldesigner Rolf Sachs, zur Kulisse einer epochalen Skimodenschau. Diese Saison schlägt er voluminöse Steppjacken, Mini-Capes aus Shearling, Strickjacken in Pelzoptik und körperbetonte Jumpsuits vor. Die Farben? Viel Schwarz und Beige, kontrastiert mit Apricot- und Rosétönen. Es war übrigens das italienische Haus Fendi, das als Erstes 2016 das Schaulaufen der Luxushäuser auf den Pisten einleitete. Dieses Jahr setzt es auf Wendejacken in gedämpften Farben wie Tabakbraun, Anthrazit oder Ecru und atmungsaktive und wasserfeste Tech-Materialien, teils aus Recycling-Garnen. Echtpelz, ein durchaus umstrittenes Standbein der Marke, wird zum Teil durch ebenso flauschige Details aus 100  Prozent Wolle ersetzt.

Die grossen Modehäuser erobern die Gipfel, wie Chanel, die eine ganze Reihe von Accessoires entworfen hat, mit denen man sich warm halten kann.


Bleibt noch der französische Luxus-Leader Louis Vuitton, schon lange Dauergast in Gstaad, St. Moritz oder Crans-Montana. Spezielle Skibekleidung, die innovative Materialien mit dem Stil des Hauses kreuzt, bietet das Haus erst seit 2021 an. Die «LV Ski» für Männer und Frauen zeigt sich diesmal in einer Farbpalette aus leuchtendem Rot, Marineblau, Eisblau sowie Weiss und Schwarz. Was nicht fehlen darf: Die LV-Initialen. Sie sind fast in jedem Look ebenso präsent wie die Monogramm-Blume, die hier auch als Eisblume gelesen werden kann. Zum Thema passend: Im Musée des Arts Décoratifs in Paris wird noch bis April in der Ausstellung «Mode und Sport» die lange Liebesgeschichte zwischen Körperkult, gesellschaftlichem Status und Modemarken beleuchtet. Dem Wintersport ist dabei ein eigenes Kapitel gewidmet.