Es braut sich was zusammen! Nach den Familienkochbüchern, in denen seit je gepredigt wird, dass alles, was auf dem Schneidebrett landet, verwertet werden sollte, singen nun auch die Spitzenköche das Lied vom «Nichts wegwerfen». Und vor allem die junge Generation von Köchen stimmt lauthals mit ein.
Zum Symbol dieses neuen «Zero Waste»-Ansatzes, bei dem es darum geht, den Geschmack eines Produktes bis in die Schale aufzuspüren, wird ausgerechnet die gute alte Bouillon. Der 28-jährige Eloi Spinnler, der das Restaurant «L’Orgueil» in Paris leitet, lädt seine Gäste in eine Art Speakeasy ein, einen zweiten, versteckten Raum, der sich hinter der Küche verbirgt. Dort werden sie Zeugen, wie Gemüsereste mit einer Mandoline zerkleinert und in etwas Olivenöl angeschwitzt werden und dann in Wasser sanft köcheln. Noch etwas Salz und Zitrone dazu, und voilà, fertig ist das feine Gebräu. Denn ist das Gemüse unbehandelt, sind viele Schalen durchaus geniessbar – genauso wie etliche Blätter, Wurzeln oder Stile. Ihre intensiven Aromen werten Risottos oder pochierten Fisch auf.
Die vermeintlichen Reste, sie stehen vor allem bei Nachwuchstalenten gerade hoch im Kurs: Luis Zuzarte eröffnet in seinem Restaurant «L’Appart» in Lausanne jede Mahlzeit mit einer «Kompostbouillon», die zeremonieartig in einem Destillierapparat serviert wird. «Die Basis ist immer dieselbe, ähnlich wie ein Sauerteig», erklärt er. «Die Bouillon sorgt für komplexe Aromen.» Die Schalen des Tages ergänzen die Bouillon, die im Sommer klar und tomatig, in der Kürbiszeit sämig und orangefarben ist. Eine Stunde vor dem Servieren wird das Gebräu mit ein paar Grashalmen angereichert für den grünen Touch. Und die Feinschmecker schwärmen: Nie waren Schalen leckerer!
Foto: Im Restaurant „L’Appart“ in Lausanne wird die „Kompostbouillon“ in einem Destillierapparat serviert.