Ingwer aus Steinmaur im Zürcher Unterland. Szechuanpfeffer, geerntet im waadtländischen Hochland. Kiwis, gereift am Ufer des Genfersees. Zitronen und Granatäpfel, nahe von Nyon gepflückt (bei Nils Rodin, der fast so etwas wie ein Star unter den Zitruszüchtern ist): Exotische Gewächse sind offenbar nicht mehr ganz so exotisch.

Sie schmecken nach der grossen, weiten Welt, stammen aber vom Bauer um die Ecke. Klimaerwärmung und neue Technologien machens möglich. Der Vorteil dieser «local exotics» liegt auf der Hand: Genuss ohne schlechtes Gewissen, dafür mit vernünftiger CO2-Bilanz. Hanni Rützler beobachtet diese Entwicklung schon seit bald zehn Jahren: Die österreichische Ernährungswissenschaftlerin zählt zu den führenden Experten für Lebensmitteltrends in Europa. Die Digitalisierung habe es ermöglicht, die Akteure einer umweltbewussten, lokalen Ernährung – Verbraucher und Produzenten, oft Bioproduzenten – zusammenzubringen. «Die Covid-Krise hat den Trend zusätzlich befeuert. Und jetzt, wo Krieg herrscht und es zu Engpässen kommen kann, wird sich das Phänomen wohl noch weiter ausbreiten.»

Bei Agroscope, der Forschungsanstalt für Agrarwissenschaften in Changins, sieht man das ähnlich. Aktuell verfolge man gleich mehrere Projekte und Forschungsarbeiten, die sich um in der Schweiz angebaute Exoten drehten – von Soja bis Hopfen, von Reis bis Mandeln. Letztere fühlen sich nämlich nicht nur unter der Sonne Kaliforniens wohl, sondern auch im Kanton Bern. Modeerscheinung oder echter Wandel? Hanni Rützler schmunzelt: «Es geht um die langfristige Suche nach einer sinn- und verantwortungsvollen Ernährung. Dass das in Mode ist, kann nicht schaden.»