Segeln steht für die ultimative Freiheit. Der Wassersport wird auch für Sponsoren immer attraktiver und schlägt hohe Wellen. Greta Thunberg sei dank?

Vielleicht ist es der romantische Gedanke an Phileas Fogg, der sie antreibt? Während Jules Vernes Romanheld die Welt mit Dampfschiffen, Elefanten, Zügen und Segelbooten in 80 Tagen umrundete, haben die Teilnehmenden des The Ocean Race allerdings sechs Monate Zeit, die 32 000 nautischen Seemeilen (rund 60 000 Kilometer) ihrer Route zurückzulegen. Die Segelregatta führt die Teams von Spanien über Südafrika, Brasilien und die USA zurück nach Europa. Ohne Motor, angetrieben allein von der Kraft des Windes.

Der Wettbewerb, der vor genau 50 Jahren als Whitbread Round the World Race ins Leben gerufen wurde, gilt als härteste Regatta der Welt – und fasziniert immer mehr Zuschauende. Fernsehsender und Streamingdienste übertrugen den Start Mitte Januar, im spanischen Alicante selbst versammelten sich mehr als 70 000 Begeisterte, um live dabei zu sein, wenn die Schiffe ablegen. Eine Zahl, die man sonst nur aus Fussballstadien kennt.

Eins mit den Elementen

In den vergangenen Jahren hat das Interesse am Segeln stark zugenommen – auch aufseiten der Sponsoren. Die Liste ist so lang wie namhaft: Beim legendären America’s Cup war etwa das Modehaus Prada Titel- und Presentingsponsor, der Automobilhersteller Land Rover ist Partner des Red Bull Extreme Sailing Teams, die Uhrenmarke Omega stärkt dem Emirates Team New Zealand die Segel.


Auf den ersten Blick mögen die branchenfremden Liaisons verwundern, auf den zweiten machen sie durchaus Sinn. Geht es in der Luxusgüterbranche doch auch darum, Träume zu verkaufen. Und nirgendwo sind sie greifbarer als beim Segeln. Steht der Sport doch für die ultimative Freiheit, für das Überwinden von Horizonten. In einer Zeit, in der das Leben radikal digitaler wird, übt das Einswerden mit den Elementen einen besonderen Reiz aus, ist das Zurück-zur-Natur mehr als ein kurzlebiger Trend. Hinzu kommt: Segeln hinterlässt keinen schmutzigen Fussabdruck. The Ocean Race ist das erste klimaneutrale Sportevent der Welt.

Das Mikrobiom der Meere

Die Kosmetikmarke Biotherm, die das französische Team der Regatta sponsert, hängt jedoch nicht einfach ihr Logo in den Wind für ein sauberes Image: Sie kooperiert seit 2017 mit der Tara Ocean Foundation, auch im Rahmen des The Ocean Race. Die Non-Profit-Organisation macht auf die Belange der Weltmeere aufmerksam und versucht, deren Biodiversität zu schützen. Und so befindet sich an Bord der brandneuen Biotherm-IMOCA-Yacht ein Mikroskop samt Sensor, das Aufnahmen von Phytoplankton aus Regionen macht, in denen normalerweise kein Forschungsboot kreuzt.

Die Daten werden von Wissenschaftlern aus der ganzen Welt ausgewertet. «Plankton ist die Quelle allen Lebens im Meer, da es den Beginn der Nahrungskette darstellt», sagt Biotherm Sustainability Director Dania Blin. «Indem man Plankton wissenschaftlich untersucht, erfährt man viel über den Gesundheitszustand der Ozeane. Wir verdanken ihm die Gründung unseres Unternehmens. Life Plankton ist der Hauptinhaltsstoff unserer Produkte, er hilft der Haut, sich zu regenerieren.»


Die Tara Ocean Foundation arbeitet seit zwölf Jahren auch eng mit der ETH Zürich zusammen, um das sogenannte Mikrobiom der Meere zu untersuchen. «Die Politik und die Menschen verstehen zunehmend, wie wichtig das Meer für uns alle ist. Phytoplankton ist ein Key Player: Es produziert Sauerstoff und speichert CO₂», erzählt Executive Director Romain Troublé, der selbst professionell segelte. «Viele Unternehmen betreiben Green- bzw. Bluewashing. Wir helfen L’Oréal, dem Konzern hinter Biotherm, die Auswirkungen seiner Produkte auf die Umwelt besser zu verstehen. Gemeinsam mit dessen Wissenschaftlern entwickeln wir Lösungen, zum Beispiel Sonnenschutzmittel, die das Wasser nicht verunreinigen. Sie investieren viel in Nachhaltigkeit, es ist ihnen ernst.»

Blinder Passagier

Das Mikroskop an Bord der Biotherm IMO-CA ist alles andere als ein Leichtmatrose, wiegt rund 40 Kilo. Keine Kleinigkeit bei einer Hightech-Rennyacht, bei der jedes Gramm Gewicht zählt. Für das Team um Skipper Paul Meilhat war es dennoch keine Frage, den «blinden Passagier» mit an Bord zu nehmen – geht es im The Ocean Race doch nicht nur um den sportlichen Wettbewerb, sondern vor allem um Aufmerksamkeit für die gute Sache. Das hätte auch dem Weltreisenden Phileas Fogg gefallen.