Lange war Glas nur mittel zum zweck. Jetzt brilliert es als Designelement bei Uhren und fungiert als Lupe für die inneren Werte.


Im Gegensatz zur Liebe gilt in der Uhrmacherei: Je mehr man von sich preisgibt, desto mehr Begehrlichkeiten werden geweckt. Für Freizügigkeit sorgen zunehmend Glaskuppeln. Ursprünglich als Schutz des Zifferblatts und des inneren Mechanismus gedacht, ist das Glas kratzfest und in verschiedenen Materialien erhältlich. Relativ günstig sind Mineralglas (das aus mehreren Elementen besteht, die thermisch oder chemisch behandelt wurden) oder Acrylglas, während Saphirglas kostspieliger ist. Es wird aus Aluminiumoxid produziert, das bei hohen Temperaturen kristallisiert. Es ist fast so hart wie ein Diamant. Wie man die Gläser unterscheiden kann? Nach dem Gehör! Es genügt, mit den Fingernägeln leicht über die Oberfläche der Uhr zu fahren. Ertönt ein sehr leises, kristallklares Klirren, handelt es sich um Saphirglas.


Obwohl die Verneuil-Methode zur Herstellung von synthetischen Saphiren 1902 entwickelt wurde, kam sie erst 1929 in der Uhrmacherei zum Einsatz. Zu Beginn ein rein funktionales Element, wurde Saphirglas nach und nach zu einem eigenständigen Designobjekt. Wie etwa beim Glassbox-Design. Beim was? Die Wölbung verschmilzt hier mit dem Rand des Zifferblatts. So können unattraktive Glasdicken – wie bei Taucheruhren, die dem Druck in der Tiefe standhalten müssen – vermieden werden. Zudem richtet das Glas den Scheinwerfer auf die inneren Werte des Modells. Vor allem, wenn mit Stärken und Winkeln gespielt wird.

Immer ausgefeiltere Gläser

Ein Pionier in diesem Bereich ist die Schweizer Manufaktur Corum. 2000 entwickelte sie ein blasenförmiges Glas, genannt Bubble. In den folgenden Jahren wurden die Gläser immer ausgefeilter: Sie bogen sich, waren mit Öffnungen versehen oder wurden sogar zu völlig transparenten Gehäusen verarbeitet, wie etwa bei Hublot.


Manchmal produziert der Uhrenhersteller sie sogar in Farbe. An der diesjährigen Uhrenmesse Watches and Wonders sorgte Rolex für eine dezente Revolution: Es ging um die neue Generation des Modells Oyster Perpetual Cosmograph Daytona in Platin 950. Oder vielmehr: um den transparenten Boden. Die Marke mit der Krone, die die Mechanik ihrer Uhren fast immer hinter einem Metallplättchen verbirgt, stellte zu ihrem 60.  Geburtstag ein «Panoramamodell» vor. Der Name ist Programm, denn die Uhr ermöglicht einen Blick auf das neue hauseigene Kaliber 4131. Eins ist glasklar: Die Sammler haben sich bereits in Stellung gebracht.

Ultrafein

Nur 1,8 mm! So wenig misst die Uhr vom Boden des Gehäuses bis zur Oberseite des Saphirglases. Von den acht eingereichten Patentanmeldungen bezieht sich eine auf die Montage des Glases. Äquilibrismus in seiner reinsten Form!

427 000 Fr., limitierte Auflage von zehn Stück, Bulgari Octo Finissimo Ultra.

Adrénalin

Das gewölbte Glas, die sogenannte „Glassbox“, hat einen Panoramaeffekt. Die schwarzen Hilfszifferblätter erinnern an einen Panda. Der Vintage-Effekt ist garantiert bei dieser Uhr, die den Rennsportgeist der Carrera zum Ausdruck bringt.

6950 Fr., auf 600 Exemplare limitiert. TAG Heuer Carrera Chronograph 60th Anniversary.

Ici c’est Paris

Die erste Uhr von Purnell und dem Pariser Fussballclub PSG integriert das Logo des Eiffelturms in den Tourbillonmechanismus. Das rotierende Spherion wird bei sechs Uhr durch ein Monoblock-Saphirglas geschützt.

Ca. 390 000 Fr., auf elf Exemplare limitiert. Purnell x PSG Escape Limited Edition.

Verspielt

Die Würfel sind gefallen? Bei dieser Version der Happy Sport geht es luxuriöser zu, es handelt sich um fünf bewegliche Diamanten, die umherwirbeln. Jeder Stein ist in einer kreiselförmigen Kapsel untergebracht und so angeordnet, dass sein Tanz nie ins Stocken gerät. Grosse Kunst!

4560 Fr. Chopard Happy Sport

Ergonomisch

Bei seiner dritten Zusammenarbeit mit Hublot spielt der Schweizer Tattookünstler Maxime Pleschia-Buchi mit der Tiefe. Der Boden der Big Bang und das Saphirglas wurden für eine ergonomische Abrundung gewölbt.

28 900 Fr., limitierte Auflage, Ceramic All Black, Hublot Spirit of Big Bang Sang Bleu.

Vintage

Mit diesem Stück lädt uns Cartier auf eine Zeitreise ein. Das Original stammt aus dem Jahr 1917, die neue Uhr behält die symmetrischen Linien und das abgeschrägte Saphirglas von einst bei. Der Geist ist vintage, der Look klassisch.

Auf 200 Exempläre limitiert, Preis auf Anfrage. Cartier Privé Tank Normale.

Couture

In den Ateliers in der Rue Cambon gab es ein Werkzeug, das Gabrielle Chanel nie ablegte: ihr Nadelkissen am Handgelenk. Es diente als Inspiration für das gebogene Glas dieser Uhr. Sie hat einen Durchmesser von 55 mm und ist limitiert auf 20 Stück.

Preis auf Anfrage. Chanel Mademoiselle Privé Pique Aiguilles.