Das Familienunternehmen Wellendorff produziert in Pforzheim seit mehr als 130 Jahren Schmuck, der mit Bedeutung aufgeladen ist. Das gefällt selbst der japanischen Kaiserfamilie.

Die schönsten Geschichten sind manchmal tatsächlich die, die das Leben schreibt. Wie jene der deutschen Stadt Pforzheim, die zu einem der wichtigsten Zentren für Goldschmuck avancierte – und das am nördlichen Rande des Schwarzwalds, wo Enz und Nagold zusammenfliessen, mit Wäldern bezogene Berge und tiefe Täler die Landschaft prägen. Man schrieb das Jahr 1767, als Markgraf Karl Friedrich von Baden dem Franzosen Jean Francois Autram das Recht zusicherte, eine Taschenuhrmanufaktur zu errichten – in einem Waisenhaus, das auf seinen Ländereien stand. Die Jungen und Mädchen wurden fortan darin geschult, Uhrenteile und Schmuck herzustellen. Zugleich erhielten sie die Chance auf ein besseres Leben. Noch heute werden Generationen von Goldschmieden und Edelsteinfassern in der “Goldstadt” ausgebildet, reisen Einkäufer aus aller Herren Länder an und stehen in den Auftragsbüchern der Zulieferer Namen von Weltruhm. 

Mit dem Gedanken, materiell wie gesellschaftlich Wertvolles zu schaffen, mit “wahren Werten” beschäftigt sich laut eigenem Slogan auch das Unternehmen Wellendorff. 1893 begann Ernst Alexander Wellendorff, seine Schmuckkreationen an den Adel zu verkaufen, der sich in der Kurstadt Baden-Baden auf Sommerfrische befand. Inzwischen wird das Familienunternehmen in fünfter Generation geführt und ist eines der wenigen deutschen Schmuckproduzenten, die weltweit erfolgreich sind und in einem Atemzug mit globalen Playern wie Cartier oder Bulgari genannt werden. Und das, obwohl man bewusst auf einen Online-Shop verzichtet: Der persönliche Kontakt soll im Vordergrund stehen. Die per Hand gefertigten Kreationen werden ausschliesslich in eigenen Boutiquen und bei Handelspartnern wie Les Ambassadeur oder Beyer in Zürich oder Bucherer in Zermatt verkauft. 

Wer sich einen Ring, ein Armband oder ein Collier von Wellendorff wünscht, braucht Geduld: Maximal 40 Schmuckstücke fertigen die Goldschmiede in der Manufaktur in Pforzheim pro Tag. Arbeiten ins – oftmals – kostengünstigere Ausland verlegen? Kommt für die Familie nicht in Frage. Das Qualitätsversprechen ist Teil der Nachhaltigkeitsphilosophie, der man sich schon vor vielen Jahren verschrieben hat. Verarbeitet wird ausnahmslos recyceltes, zertifiziertes Feingold aus Pforzheimer Scheideanstalten, die den Zertifizierungsprozess des Responsible Jewellry Council durchlaufen haben. Bei jedem Brillanten über einem Karat wird zudem sichergestellt, dass die Herkunft zweifelsfrei rückverfolgbar und konfliktfrei ist.

Markenzeichen des Familienunternehmens sind Ringe mit Kaltemaille sowie Ketten und Armbänder aus 0,3 Millimeter dünnen Goldsträngen, die zu Kordeln gedreht werden. Seit 2021 sind sie mit einer ausgeklügelten Technik versehen, die es erlaubt, dass sie zwar federn, aber trotzdem nicht verbiegen. Ein Effekt, der dazu führt, dass sich die Geschmeide derart sanft um den Hals und ums Handgelenk legen, dass man sie fast nicht spürt. 17 Jahre tüftelten die Goldschmiede an der Herstellung des “flexiblen Goldes”. Das Patent bezeichnen die Wellendorffs als ihre “Seele” – auch die Kollektionen und Schmuckstücke tragen bedeutungsschwangere Namen wie “Mein Glück”, “Wahre Liebe” oder “Unsere Zeit”. Denn Geschichtenerzählen gehört für das Unternehmen genauso zum Geschäft wie die “wahren Werte”. Und so trägt auch der limitierte Jahresring, für den die Käuferinnen sich seit 1997 auf die Warteliste setzen lassen können, jeweils eine Botschaft. Sammler sollten sich den Termin schon einmal im Kalender eintragen: Am 5. Dezember wird der Jahresring 2025 lanciert, produziert wird nur auf Bestellung.

CEO und “Aussenminister” ist Christoph Wellendorff, gemeinsam mit seinem Bruder Georg und dessen Ehefrau Claudia lenkt er die Geschicke des Hauses. Das Trio führt es mit bedachter Hand in die Zukunft. Isabelle Wellendorff ist das erste Familienmitglied, das die fünfte Generation repräsentiert. Die studierte Betriebswissenschaftlerin überwacht die Finanzen und hat in Tokio Japanisch gelernt. Ob ihr Karriereweg dadurch beeinflusst wurde, dass auch das japanische Kaiserhaus ein treuer Kunde von Wellendorff ist? Möglich ist es. Mittlerweile tragen drei Generationen der japanischen Kaiserfamilie den aussergewöhnlichen Schmuck aus Pforzheim. Manchmal sind es eben auch geteilte Werte, die verbinden – über Kontinente hinweg.