In Rekordzeit Grenzen überwinden? Diese grandiosen Bauwerke machen es möglich.

1. Königlich

Kopenhagen (DK)–Malmö (S)

Die Brücke Sie ist ein Millenniumskind: Die in nur 40 Monaten erbaute, 1 Milliarde Euro teure, mit 1092 Metern weltweit längste Schrägseilbrücke für kombinierten Auto- und Schienenverkehr wurde im Juli 2000 dem Verkehr übergeben. Aber nur dem motorisierten: Zu Fuss oder auf Velos darf man nicht drauf.

Von hier nach dort Mit den zwei zuführenden, je über drei Kilometer langen Rampen, einem Tunnel sowie einer künstlichen Insel verbindet sie Dänemarks Hauptstadt Kopenhagen und das schwedische Malmö – und damit das europäische Festland mit der Skandinavischen Halbinsel. Dies mit royalem Segen: Kaum war am 14. August 1999 das letzte Brückensegment per Schwimmkran eingehoben, tauschten Victoria von Schweden und Dänemarks Frederik auch schon Küsschen darauf aus. Selbst der Name symbolisiert Teamwork: Aus dem dänischen Øresundbroen und dem schwedischen Öresundsbron entstand die offizielle Hybridschreibweise Øresundsbron. Schauriger Funfact: Gleich zu Beginn der TV-Krimiserie «Die Brücke» liegt mitten auf der Fahrbahn eine Leiche.

2. Opferreich

Hongkong–Zhuhai–Macau, China

Die Brücke Erst kürzlich, am 23. Oktober 2018, hat Xi Jinping die längste Überwasserbrücke der Welt eröffnet: inklusive eines Tunnels und vier künstlicher Inseln misst sie schier unglaubliche 55 Kilometer. Der Bau der taifun- und erdbebensicheren Brücke, deren Bogenform die Meeresströmungen diktierten, dauerte neun Jahre – und forderte zehn Tote (so lautet zumindest die offizielle Zahl) sowie hunderte Verletzte; Arbeiter sollen das Projekt als «Blut- und Tränenbrücke» bezeichnet haben. Und die Kosten? Aus veranschlagten 10.7 Milliarden Dollar wurden letztlich deren 17.

Von hier nach dort China rückt dank der Superbrücke näher an seine Sonderverwaltungszonen heran: an die ehemalige britische Kolonie Hongkong und an Macau, das einst Portugal unterstellt war und als «Las Vegas Asiens» gilt. Zhuhai in der Provinz Guandong, das sich seit der Ernennung zur Sonderwirtschaftszone 1982 zu einem Handels- und Touristenhotspot gemausert hat, ist nun eine halbe Stunde von Hongkong entfernt, dem viertstärksten Finanzplatz der Welt … und Chinas Kontrolle des Perlflussdeltas massiv erstarkt.

3. Langwierig

Mosambik–Tansania

Die Brücke Die 720 Meter lange Brücke der Einheit –viel klangvoller auf Suaheli: Daraja la Umoja – zwischen Negomano (Mosambik) und Mtambaswala (Tansania) über den Fluss Rovuma befand sich lang im Planungsstadium. Schon 1975 wurde das Projekt angedacht, unmittelbar, nachdem Mosambik seine Unabhängigkeit von Portugal erlangte, und als in Tansania Präsident Nyerere seine Kollektivierungspolitik à la China führte. Doch dann galt es zunächst mal, gewaltsame Konflikte und wachsende Armut in den Griff zu bekommen. Erst 2005 wurde der Bau von einer chinesischen Firma in Angriff genommen – und 2010 beendet.

Von hier nach dort Der neue Korridor zwischen Ost- und Südafrika sollte nicht nur den unzuverlässigen Fährverkehr ersetzen, sondern vor allem Wirtschaft und Tourismus ankurbeln. Um die maroden Zubringerstrassen zu verbessern, hat Mosambik 2017, nachdem die Weltbank und die EU Finanzhilfe ablehnten, ein Darlehen beim afrikanischen Entwicklungsfonds aufgenommen. Naturschützer sind besorgt: Sie befürchten mehr Wilderei im nahen Niassa-Reservat.

4. Interkontinental

Amerika–Eurasien, Island

Die Brücke Wirklich schön ist sie ja nicht, die Brücke zwischen den Kontinenten (auf Isländisch: Brú milli heimsálfa). Seit 2002 überspannt die 15 Meter lange Stahlkonstruktion eine Spalte auf der Halbinsel Reykjanes im Südwesten Islands. Und zwar exakt an der Stelle, wo zwei Kontinentalplatten – die eurasische und die amerikanische – aufeinandertreffen. Und weil es einst ein isländischer Abenteurer namens Leif Eriksson war, der um das Jahr 1000 herum als Erster Nordamerika entdeckte, wird das Brückchen bisweilen auch «Leif the Lucky’s Bridge» genannt.

Von hier nach dort So, wie die Brücke nicht wirklich schön ist, so ist der Graben unter ihr nicht gerade schwindelerregend. Und doch: Aus genau diesem Spalt ist, jeden Tag ein Stückchen seit seiner Entstehung vor 20 Millionen Jahren, Island hervorgegangen. Der Spalt zwischen den Brückenköpfen wird jährlich 2.5 Zentimeter breiter. So karg diese «Mondlandschaft» also auch anmutet – geologisch betrachtet ist sie bedeutsam. So sehr, dass man sich für seinen Besuch dort sogar ein Diplom ausstellen lassen kann: im Infocenter der nahen Ortschaft Reykjanesbær.

5. Herbeigesehnt

Rumänien–Bulgarien

Die Brücke Sie wurde «Neues Europa» getauft. Was eigentlich Sinn macht, wenn man bedenkt, dass sie zu grossen Teilen von der EU finanziert und von einer spanischen Firma errichtet worden ist. Rund 3.5 Kilometer lang, 1.8 davon über der Donau, wurde diese Auto- und Eisenbahnbrücke Mitte Juni 2013 dem Verkehr übergeben – nach einer sechsjährigen Bauzeit, der wiederum neun Jahre Planung vorausgegangen waren.

Von hier nach dort Sie war längst überfällig, diese (neben der in den 50ern erbauten Giurgiu-Russe-Brücke) zweite feste Querung auf dem 650 Kilometer langen Donaustück, welches Rumänien von Bulgarien trennt. Die Verbindung zwischen der rumänischen Hafenstadt Calafat (20 000 Einwohner) und dem grösseren bulgarischen Widin (55 000 Einwohner) ist nicht nur eine zusätzliche Passage für die europäische Nord-Süd-Verkehrsachse, sondern ein wirtschaftlicher Segen: Für Fahrten nach Westeuropa hatten Unternehmer zuvor die Wahl zwischen dem Mega-Umweg über Russe oder langen Wartezeiten an der serbischen Grenze, wenn sie die teure Widin-Fähre umgehen wollten. Nun passieren LKWs für schlappe 12 Euro.

6. Strategisch

Halbinsel Krim– Russland

Die Brücke Drei Milliarden Euro hat Putin sich das gute Stück kosten lassen: Die 18 Kilometer lange Brücke, die er im vergangenen Mai höchstselbst eröffnet hat und die nun die längste in Europa ist. Bis es so weit war, haben 5000 Arbeiter auf zwanzig Schiffen während zweier Jahre Tag und Nacht durchgeschuftet. Nun stehen da 595 Pfeiler auf 7000 Pfählen, über die eine vierspurige Autobahn verläuft. Die beiden Zugtrassees warten allerdings noch auf ihre Fertigstellung, weil dort, wo sie verlaufen, archäologische Funde aus dem antiken Griechenland gemacht wurden.

Von hier nach dort Die Verbindung der Halbinsel Taman in der russischen Region Krasnodar mit der Krim ist nichts weniger als die physische Manifestation der Krim-Annektierung vor fünf Jahren. Die Ukraine hatte damals alle Transportwege zur Krim hin blockiert. Nun verhindert ihrerseits die russische Brücke zwischen dem Schwarzen und dem Asowschen Meer Schiffen, die höher als 33 Meter sind, die Durchfahrt – und damit den Handel zwischen ukrainischen Gebieten westlich der Krim und solchen östlich davon. Unschwer zu erraten, wer hiervon profitiert …

7. Patchwork

Washington-Oregon (USA)

Die Brücke Die Astoria Megler Bridge ist ein wahres Brückenpotpourri! Weil der Columbia River, der unweit in den Pazifik mündet, an dieser Stelle bereits sechs Kilometer breit ist, aber mittig so flach, dass er bei Ebbe trocken liegt, setzte man in Küstennähe auf schiffshohe Fachwerkbrücken, während zentral eine tief liegende Betonbahn über die Sandbank führt; dazu kommen Rampen und Verbindungsstücke. Beliebte Fotosujets geben vor allem die mintgrün gestrichenen Fachwerkstücke ab. Das südliche war mit 751 Metern der längste Durchlaufträger der Welt – bis es 1991 von der Ikitsuki-Brücke in Japan überrundet wurde.

Von hier nach dort Da klaffte ein Loch in der Route 101! Einmal der ganzen US-Westküste entlang führt dieser Highway, und das seit 1926. Lange allerdings musste man da, wo der «Beaver State» Oregon und der «Evergreen State» Washington aufeinander treffen, die Fähre nehmen. Erst 1962-1966 wurde die Brücke gebaut, auf der je zwei Autostreifen und Velowege Platz finden. Fussgängern steht sie nur einmal im Jahr offen: am Great Columbia Crossing im Oktober.

8. Umbenannt

El-Qantara, Ägypten

Die Brücke Maximal 3.3 Prozent Neigung, damit auch schwach Motorisiertes drüber mag, und 70 Meter hoch, sodass auch grosse Schiffe unten durch passen: Bei solchen Voraussetzungen blieb den Ingenieuren der grössten Strassenbrücke Ägyptens nichts anderes übrig, als ihr eine Gesamtlänge von 3.9 Kilometern zu verpassen. Ihr Herzstück, die Schrägseilbrücke, bot zusätzliche Herausforderungen: Weil die beiden Pylonen an Obelisken erinnern sollen, mussten sie überdurchschnittlich schlank und hoch werden.

Von hier nach dort Früher war die Sinai-Halbinsel nur schlecht ans ägyptische Hauptland angeschlossen. Die Fähren hatten wenig Kapazität, zudem behinderten sie die Schifffahrt. Aber dann sprang Japan ein und übernahm im Rahmen eines Entwicklungshilfsprojekts 60 Prozent des 230 Millionen Franken teuren Brückenbaus. Am 9. Oktober 2001 eröffnete Husni Mubarak die «Ägyptischjapanische Freundschaftsbrücke». Inoffiziell hiess sie freilich Mubarak-Friedensbrücke – bis zu dessen Sturz 2011. Seither nennt man sie schlicht Friedens- bzw., auf Arabisch, Al-Salam-Brücke.

9. Gut gedämpft

London, Grossbritannien

Die Brücke 5000 Personen passen drauf. Aber viel schöner ist es, wenn man die Millennium Bridge ganz für sich allein hat, was mit etwas Glück früh am Morgen oder spät nachts möglich ist. Die 325 Meter lange Fussgängerbrücke mit den seitlichen Stahltragseilen gibt einem das Gefühl, über der Themse zu schweben.

Von hier nach dort Schwer zu sagen, welcher Blick eindrücklicher ist: gen Norden, wo die Kuppel der altehrwürdigen St. Paul’s Cathedral über der City aufragt, oder gen Süden, zum Backsteinbody der Tate Modern? Im Juni 2000, fast zeitgleich mit der Tate, wurde diese erste neue Brücken im Herzen Londons seit 1894 eröffnet. Nur, um zwei Tage später wieder geschlossen zu werden: Heftiges Schwanken hatte Besucher in Angst versetzt. Peinlich, vor allem angesichts der 18.2 Mio. Pfund, die das Projekt verschlungen hatte. Fünf weitere Millionen und ganze zwei Jahre später war die «Wobbly Bridge» mit einem Dämpfersystem nachgerüstet. Gegen den schwarzmagischen Sturm, der sie in einem der Harry-Potter-Filme aufsucht, hat sie jedoch keine Chance: Dort stürzt sie spektakulär ein.

10. Uralt

Stein (CH)–Bad Säckingen (D)

Die Brücke 80 Zentimeter: Um exakt so viel (bzw. wenig!) überrundet sie die weltbekannte Luzerner Kappellbrücke – und ist so mit 203.7 Metern die längste gedeckte Holzbrücke Europas. 1272 erstmals urkundlich erwähnt und im Laufe der Jahrhunderte zigmal durch Hochwasser und Kriege zerstört und wieder aufgebaut, erhielt sie ihre heutige Form 1699.

Von hier nach dort Auf der einen Seite Deutschland, auf der andern die Schweiz? So klar war die geografische Zuordnung der Brücke angesichts des territorialen Kräftemessens ringsum nicht immer. 1801 war sie kurz im Besitz des Herzogs von Modena, später fiel sie als ex-vorderösterreichisches Gebiet ans Grossherzogtum Baden. Heute ist sie Eigentum der Stadt Bad Säckingen und trägt auch ihren Namen; da aber der Rhein eine internationale Grenze darstellt, ist dies in der Brückenmitte mit einem weissen Strich markiert. 2014 kam bei einer Sanierung aus, dass die steinernen Pfeiler von der Schweizer Armee mit Sprengstoff bestückt worden waren. Bei einem Angriff hätte man sie kurzerhand pulverisiert. Noch eine skurrile Vorstellung: Bis 1978 knatterten Autos über den historischen Bau.