Gewächshäuser erzählen von fremden Ländern. Unsere Favoriten für eine Reise ins Warme.

1. Schloss Schönbrunn, Wien

Wie Phönix…

Der Ort Bei seiner Eröffnung im Jahr 1882 machte das Palmenhaus von Kaiser Franz Joseph im bewaldeten Park von Schönbrunn eine Spitzenfigur und galt damals als das grösste der Welt. Einen Tag im Jahr bekam auch die Bevölkerung Zutritt zu den Pflanzensammlungen in den drei Glasgebäuden: einem warmen (18 Grad), einem gemässigten (12 Grad) und einem kalten (6 Grad). Doch 1945 liessen nahe einschlagende Bomben die prächtigen Glasdächer zerbersten. Sie wurden 1953 ersetzt und zuletzt 1988 renoviert.

Das Highlight Einige bemerkenswerte Raritäten, wie die schwer zu züchtende Seychellenpalme oder die Wollemi-Pine, die als lebendes Fossil gilt. Zu Beginn jedes Jahr zieht eine farbenfrohe Ausstellung aus Azaleen und Kamelien die Besucher in Scharen an. Gleich für 2025 vormerken…

Nicht gehen ohne… Im Zentrum von Wien in einem anderen königlichen Gewächshaus, dem Palmenhaus, Kaffee getrunken zu haben. Das palmenhaus ist heute ein Restaurant, in dem Pflanzen und Menschen gemeinsam gedeihen. Zu finden in der Burggartenstrasse 1.

Schlosspark Schönbrunn, Eingang Hietzinger, Wien, geöffnet von 10 bis 17 Uhr oder 18 Uhr, je nach Saison. www.schoenbrunn.at

2.Schloss Laeken, Brüssel

Durchsichtige Stadt

Der Ort Das Projekt aus dem Jahr 1873 war überaus ambitioniert: König Leopold II. träumte von einem «idealen Glaspalast». Der Architekt Alphonse Balat mobilisierte daraufhin all sein virtuoses Können, um das Grossartigste aus Eisen und Glas herauszuholen. Auf dem Gelände von Schloss Schonenberg zu Laeken bei Brüssel entstand so über 30 Jahre hinweg eine Art gläserne Stadt aus 36 Pavillons mit monumentalen Kuppeln, miteinander verbunden durch breite Galerien. Der kunstvoll ausgearbeitete Stil wurde zu einer Inspirationsquelle vieler späterer Jugendstilbauten.

Das Highlight Der Gewächshaus-komplex ist nur drei Wochen im Jahr für die Öffentlichkeit zugänglich und wird spektakulär hergerichtet, damit alle Blumen zeitgenau erblühen.

Nicht gehen ohne… den Strauch Abutilon megapotamicum ausfindig gemacht zu haben, der Liebling von Königin Mathilde, mit Blüten in den drei Farben der belgischen Flagge.

Königliche Gewächshäuser in Laeken, dieses Jahr vom 26. April bis zum 20. Mai geöffnet. Tickets erhältlich unter www.koninklijke-serres-royales.be

3. Eden Project, Cornwall

Unterhaltung mit Köpfchen

Der Ort Eine ehemalige Kaolingrube hatte diese Ecke Cornwalls in der Nähe von St. Austell in einen grossen, unfruchtbaren Krater verwandelt. Heute aber breitet sich unter fünf Kuppeln ein riesiger Wald (fast 10 Hektar) aus. Zwei Biome simulieren das feuchttropische bzw. das mediterrane Klima. Alles nur Spielerei? Eher didaktisch: Es gilt, mit naturbezogenen Technologien zu experimentieren und zu erproben, wie so der Boden refertilisiert werden kann.

Das Highlight Als aktive Demonstration konzipiert, entwickelt sich der Garten ständig weiter und verbessert sich dank technologischer Innovationen. Das Konzept könnte sich auch in anderen Ecken Englands ausbreiten – derzeit ist Schottland mit maritimen Themen im Gespräch, auch über China und Costa Rica wird gemunkelt.

Nicht gehen ohne… die Skulptur der Künstlerin Jenny Kendler ausfindig gemacht zu haben. Sie besteht aus hundert Vögeln, die vom Aussterben bedroht sind.

Eden Project, Bodelva, Cornwall, täglich geöffnet 9.30 bis 16 Uhr (Öffnungszeiten saisonabhängig), www.edenproject.com

4. Lednice, Tschechische Republik

Köstliche Deko

Der Ort Das riesige Areal (200 Quadratkilometer!) von Lednice-Valtice in Mähren, im Südwesten der Tschechischen Republik, ist ein wunderbares Beispiel romantischer Landschaftskunst. Die beiden Schlösser inmitten des Parks wurden im 19. Jahrhundert von der Familie Liechtenstein im neugotischen Stil umgebaut und um ein paar falsche Ruinen und einen chinesischen Pavillon erweitert. Das Palmenhaus stammt von 1842 und ist das älteste noch erhaltene Europas. Sein Bau war eine technische Herausforderung.

Das Highlight Auch das Gewächshaus wurde als Vergnügungsoase konzipiert, wo der Adel auch Gäste empfing. Davon zeugen noch die dekorativen Details – Abflussgitter, Springbrunnen, mit Blattgold verzierte Kapitelle. Die Holzjalousien stammen ebenfalls aus der Entstehungszeit.

Nicht gehen ohne… eine Rosenblütenlimonade im hübschen Schlosscafé getrunken zu haben, das sich auf hausgemachte Getränke spezialisiert hat.

Zugang über das Schloss im Dorf Lednice, das Gewächshaus samt verschiedenen Bereichen kann von 9 bis 16 Uhr besichtigt werden (Öffnungszeiten saisonabhängig). Der Eintritt ist kostenpflichtig. www.zamek-valtice.cz/de

5.Palmengarten, Frankfurt

Musik im Grünen

Der Ort Der Palmengarten wurde 1871 der Öffentlichkeit geweiht, nachdem Herzog Adolf von Nassau aus Geldnot gezwungen war, sich von einigen seiner Gärten zu trennen. Der mit dem Verkauf beauftragte berühmte Landschaftsgärtner Heinrich Siesmayer nutzte die Gelegenheit für eine Fundraising-Aktion, um die Anlage seiner Träume zu erschaffen und die bestehende Pflanzensammlung mit Herzblut zu erweitern. Das gehobene Bürgertum fackelte nicht lang und verlegte flugs seine Sonntagsspaziergänge hierher. Heute aber ist die weitläufige grüne Oase mitten im Stadtzentrum (die mit dem angrenzenden, 19 Hektar grossen botanischen
Garten gekoppelt ist) ein beliebter Treffpunkt für Kulturfreunde und bietet ein ambitioniertes wie vielseitiges Musikprogramm.

Das Highlight Das grosse Palmengewächshaus bildet natürlich das Herzstück der Anlage und wurde von Beginn an als Begegnungsstätte konzipiert, mit Wasserfall, Grotte, Bach … Auch die angrenzenden Gewächshäuser haben etwas zu bieten, vor allem das lehrreiche Papiliorama.

Nicht gehen ohne… im stark auf heimische Pflanzen fokussierten botanischen Garten die vom Aussterben bedrohten Arten zu besuchen – sind durch rote Etiketten gekennzeichnet.

Botanischer Garten Frankfurt am Main, Siesmayerstr. 72, täglich 9-18 Uhr (sonntags bis 13 Uhr), www.palmengarten.de

6.Kew Gardens, London

Grüne Kathedrale

Der Ort Nach fünf Jahren akribischer Restaurierung (für 41 Millionen Pfund) haben die berühmtesten botanischen Gärten der Welt, die Kew Gardens im Südwesten Londons, 2018 das legendäre temperierte Gewächshaus wiedereröffnet. Der filigrane wie prächtige viktorianische Bau, als UNESCO-Weltkulturerbe anerkannt, beherbergt 1200 Arten, die hier unter 15 000 Glaspaneelen und 19 Meter hohen, gusseisernen Bögen wachsen. Ein Paradies für Besucher wie Botaniker.

Das Highlight Auch die Beete wurden aufgefrischt. Viele der ursprünglichen Pflanzen wurden durch Nachkommen ersetzt, die aus Stecklingen gezogen wurden.

Nicht gehen ohne… in dem reich bestückten Gartenladen einheimisches Saatgut zu kaufen. Etwa Crystal-Apple-Gurke?

Royal Botanic Gardens of Kew, Kew Road, Richmond, Grossbritannien, täglich von 10 bis 16 Uhr geöffnet, www.kew.org

7.La ferme aux agrumes, Nyon

Ehre sei Buddhas Hand

Der Ort In Borex, einem Vorort von Nyon oberhalb des Genfersees, versteckt sich dieses kleine Juwel: ein privates Gewächshaus, das die viertgrösste Zitrusfruchtsammlung der Welt beherbergt. Seit etwa 15 Jahren zieht der passionierte Zitruszüchter Niels Rodin, ein ehemaliger Banker, hier Zitronatzitronen und Buddhas Hand für die grössten Gastronomen des Landes. Das Gewächshaus ist zu einem wahren Konservatorium für seltene Früchte geworden, und dank der Zusammenarbeit mit dem Unternehmen Green Market sind die schönen Produkte des Labels Niels Rodin auch der Öffentlichkeit zugänglich.

Das Highlight Die gastronomische Ausrichtung ist klar in Richtung High-End definiert, jetzt geht es darum, zu erforschen, wie neue Kulturen akklimatisiert werden können: Ingwer, Kurkuma und seltene Obstsorten.

Nicht gehen ohne… eine Flasche Yuzu-Likör gekauft zu haben, eine japanische Version des klassischen Limoncello. Oder vielleicht ein Glas geräucherte Kaviar-Zitrone?

La ferme aux agrumes, route d’Arnex 9, Borex, Besuch nach Vereinbarung, samstagmorgens um 10 Uhr, www.nielsrodin.com/produit/visites

8.Orto botanico, Palermo

Heisser als heiss

Der Ort Der botanische Garten im Zentrum Palermos ist einer der wenigen in Südeuropa mit Gewächshäusern, die Ende des 18. Jahrhunderts gebaut wurden und die sich einer üppigen Vegetation und einer reichen Vogelbevölkerung rühmen können. Einst wurden hier Heilpflanzen zu Forschungszwecken der nahen Universität kultiviert.

Das Highlight Die Sammlung fleischfressender Pflanzen und das Talea-Café, das seit 2021 in einem der alten Gewächshäuser beheimatet ist. Nebst der Gastfreundlichkeit zeichnet es sich durch ein raffiniertes Sonnenschutzsystem in Form riesiger Ginkgoblätter aus. Auf der Speisekarte? Pflanzliche Köstlichkeiten.

Nicht gehen ohne… die beeindruckenden Luftwurzeln der grossblättrigen Feige zu bestaunen, die hier seit 1845 beheimatet ist und als Wahrzeichen des Ortes gilt.

Botanischer Garten, Via Lincoln 2, Palermo, geöffnet von 9 bis 17 Uhr, www.ortobotanico.unipa.it

9.Botanischer Garten, Basel

Klimaspiele

Der Ort Nach drei Umzügen hat der Botanische Garten 1989 seinen heutigen Standort im Herzen Basels in der Nähe des Spalentors bezogen. Seit seiner Gründung 1589 diente der älteste Garten im deutschsprachigen Raum universitären Zwecken, etwa zur Unterstützung der Forschung. Heute bietet er eine einmalige Möglichkeit, Klimazonen zu studieren, da das neue Gewächshaus auf kleinem Raum Wetterveränderungen induzieren kann.

Das Highlight Das im Mai 2023 wiedereröffnete Tropenhaus ist das einzige seiner Art in der Schweiz, das die Pflanzenwelt des lateinamerikanischen Hochgebirges fokussiert. Hier können Besucher seltene Pflanzenarten bestaunen, die in anderen Gärten nur selten zu sehen sind, wie die Wunderbeere oder Mirakelfrucht, deren Beeren unsere Geschmackswahrnehmung verändern. Nicht zu vergessen der Titanenwurz (Amorphophallus titanum), der nur alle paar Jahre blüht.

Nicht gehen ohne… Vom Berg in die Wüste? Dann ab ins Namibiahaus, in dem es trocken und heiss ist. Hier wächst die extrem seltene Welwitschia mirabilis.

Botanischer Garten der Universität Basel, Spalengraben 8, Basel, tlw. im Sommer 8-18 Uhr, www.botgarten.unibas.ch/de

10.Botanischer Garten, Genf

Schweizer Dschungel

Der Ort Die Lage nah des Sees ist grandios und eröffnet gestressten Fahrern gleich nach Abfahrt der Autobahn einen Ausblick auf das süsse Leben. Tatsächlich bringen die hohen Metall- und Glasstrukturen, die seit Anfang des letzten Jahrhunderts auf dem Gelände der Ariana stehen, die alpine Natur in die Stadt, Felslandschaften und Felsen inklusive. In dieser Miniaturschweiz erheben sich moderne Gewächshäuser (die neuesten sind gerade einmaln 40 Jahre alt), voller üppiger Verrücktheiten des Dschungels.

Das Highlight In der Saison entfaltet sich eine der grössten Seerosen der Welt, die Victoria cruziana, auf dem Teich vor dem Eingang. Weniger sichtbar, aber überaus wichtig: Der Garten ist Forschungszentrum für biologischen Anbau, zertifiziert mit dem Bourgeon-Label, und gilt als eine Autorität im Bereich des Artenschutzes.

Nicht gehen ohne… den etwas abgelegenen ProSpecieRara-Gemüsegarten zu besuchen, wo die Gärtner das Gemüse austreiben lassen, um das Saatgut alter lokaler Sorten zu ernten und zu vermehren.

Konservatorium und botanischer Garten von Genf, Ch. de l’Impératrice 1, Chambésy-Genf, täglich geöffnet, im Sommer von 8 bis 21 Uhr, www.cjbg.ch

Das richtige Klima schaffen


Na klar, da ist das unbestrittene Vergnügen, zwischen Bananenstauden und Litschibäumen zu wandeln, mitten im Herzen von europäischen Städten. Die Frage stellt sich aber: Wie heizt man die Räume für die Exoten, die es gerne heiss und feucht mögen? Die meisten spektakulären Gewächshäuser stammen aus dem 19. Jahrhundert, als Energieeffizienz noch kein Thema war. Städte wie Lille oder Montpellier haben im Zuge der Klimakrise gar beschlossen, ihre Gewächshäuser zu schliessen. Viele der alten Anlagen funktionierten mit Rohrleitungen, die in die Metallkonstrukte integriert waren und von riesigen Kesseln mit Dampf versorgt wurden.

Jüngst renovierte Gewächshäuser denken um. Wie Kew Gardens in London, wo bis 2030 ein nachhaltiges System geplant ist. In Basel wurde das tropische Gewächshaus vor Kurzem saniert, um den Luftstrom in und aus dem Gewächshaus besser zu steuern. Auch einige historische botanische Gärten haben in der Zwischenzeit Innovationen angeschoben. Im belgischen Laeken beispielsweise hat man 2021 ein unterirdisches Rohrsystem eingeführt, das die Abwärme aus der fast fünf Kilometer entfernten Abfallverbrennungsanlage in Neder-Over-Heembeek in das königliche Anwesen leitet.

Auch in Genf wurde das Heizsystem des botanischen Gartens von Grund auf neu konzipiert und basiert seit 2013 zu 100 Prozent auf erneuerbaren Energien: lokales Holz (75 Prozent), Biogas (20 Prozent), Solarenergie (5 Prozent) kommen zum Einsatz. Die Pflanzen werden mit aufgefangenem Regenwasser bewässert. Was die Stadt Sarasota in Florida betrifft, so hat sie gerade mit grossem Pomp den umgebauten Marie Selby Botanical Garden (Kosten: rund 57 Millionen US-Dollar) eingeweiht, um ein Null-Emissions-Ziel zu erreichen. Neu entstehende Ökosysteme in Kunststoffkuppeln – wie das Eden-Projekt in England – sollen die Speerspitze der Forschung im Bereich Temperaturmanagement und Gewächshausbau bilden.