Die Uniform der Flugbegleiterinnen ist mehr als Arbeitskleidung. Sie ist Firmensymbol, Kompetenznachweis, Marketinginstrument Und Modisches Statement. Seit bald 100 Jahren.

Die Haare ordentlich zusammengebunden, das Tüechli adrett um den Hals geschlungen, der Schmuck dezent und die Nägel tadellos manikürt: Egal, ob Flight-Attendants den Trolley zwischen den Sitzreihen hindurchbugsieren oder ihren Crewbag mit zackigem Schritt durch die Abflughalle hinter sich herziehen, stets strahlen sie diese ganz bestimmte, professionell-propere Eleganz aus. Die Faszination, die sie auf uns ausüben, verdankt sich natürlich nicht zuletzt ihrer Uniform. Grund genug, der Arbeitskleidung der Flugbegleiterinnen in einem kleinen historischen Rückblick ein Kränzchen zu winden. Eines vorweg: Von (im übertragenen Sinne) starken Turbulenzen bis zur perfekten Landung war da schon alles mit dabei.


Der modische Take-off erfolgte vor rund 100 Jahren, als nach dem Ersten Weltkrieg vereinzelte Kampfflugzeuge zu Passagiermaschinen umfunktioniert wurden. „Allerdings waren diese Propellerflieger mehr schlecht als recht für den Personentransport geeignet“, erklärt Guillaume de Syon, der als Verkehrshistoriker im Auftrag des Institut Français de la Mode – der Pariser Hochschule für Mode und Design – zu Uniformen von fliegendem Personal forscht. „In der Kabine wars eng, laut und kalt; es stank nach Kerosin und rüttelte ordentlich. Nach wenigen Minuten in der Luft dürfte manchem schon schlecht gewesen sein – weshalb man auf die Idee kam, medizinisch ausgebildete Flugbegleiterinnen anzustellen.“


So kam es, dass die amerikanische Krankenschwester Ellen Church 1930 zur ersten Flugbegleiterin der Geschichte wurde (bei Boeing Air Transport, der späteren United Airlines). In ihrer Feldschwesternuniform aus grober, grauer Wolle sah sie vielleicht nicht allzu kokett, aber definitiv kompetent aus – und darauf kam es schliesslich an! Ellens erste europäische Berufskollegin übrigens war die Schweizerin Nelly Diener, die 1934 (in einem ebenso strangen Outfit) die Strecke Zürich-Berlin für die damals blutjunge Swissair flog.

Hotpants und Stiefel

„Das Tenue der Flight-Attendants spiegelte – auf aus heutiger Sicht teils recht politisch inkorrekte Art – die perfekte Frau der jeweiligen Zeit wider. In den 1930ern war dies eine Mutterfigur, die wusste, wie man jemanden beruhigt“, sagt Historiker de Syon. Einen Hauch von Glamour erhielt der Beruf erst nach dem Zweiten Weltkrieg: Mit dem Aufkommen der Düsenflugzeuge in den frühen 1950ern nahm die Zahl der Flugziele und der Passagiere zu, wobei Letztere meist gut betuchte Geschäftsmänner waren, die sich ihre Flugbegleiterin nett zurechtgemacht und servil wünschten. Zugleich kamen die Uniformen, die beispielweise bei den amerikanischen Fluggesellschaften an jene der Marines angelehnt waren, damals noch ziemlich militärisch daher. Bleistiftrock, schnittiger Blazer, am Hütchen das Firmenemblem – voilà: das ikonische Outfit der Air-Hostess, das bei Delta Air Lines gar von Holywood-Kostümbildnern entworfen wurde.


In Frankreich derweil wählten die jungen Damen, die 1945 zu den glücklichen Gewinnerinnen des ersten Flgiht-Attendant-Wettbewerbs der Air France gehörten, das Modehaus Georgette Rénal aus, um ihr Tenue – Jupe, Blazer, Mantel – zu entwerfen. Der Beginn einer bis heute andauernden Amour fou zwischen Frankreichs Königin der Lüfte und den Fürsten der Modebranche: Christian Lacroix, Dior, Courrèges – sie alle haben schon für Air France designt.

1960 – Die Pan-Am-Girls hättent wohl nie getraümt, dass ihnen mal eine TV-Serie gewidmet würde…

Wie es sich für die Sixties gehörte, wurden die Röcke kürzer, die Farben mutiger und die Pumps durch Stiefel ersetzt. Zusätzlich trieb die Euphorie über die Eroberung des Weltraums teils bizarre Blüten; unvergesslich sind die Star-Trek-artigen Outfits von Pierre Cardin für die griechische Olympic Airlines oder die Plastik-Bubble, die Emilio Pucci den Flight-Attendants der US-Gesellschaft Braniff International über den Kopf stülpte.

Den Vogel schoss allerdings Southwest Airlines ab: mit Föhnfrisur, Schnürstiefel und – Hotpants! Sexy wie nie, wurde die Flugbegleiterinnen immer mehr zum Marketing-Argument, das ein angenehmes Reisen versprach. Und wer erinnert sich noch an die belgische COmic-Serie über die dralle Blondine Natacha, jene Zeichning gewordene Männerfantasie von Flight-Attendant? John Hill, Jurator der Ausstellung „Fashion in Flight“, die 2017 im SFO Museum in San Francisco gezeight wurde, schreibt im Katalog treffend: „In der Schnittmenge von Psychologie und Kleidung sind Uniformen von Fluggesellschaften Extrembeispiele: Sie projizieren ebenso viel, wie auf sie projiziert wird.“

9/11 hatte auch für die Uniform Folgen

Dann kamen die businessverrückten 80er und 90er, in denen die Airlines das Frivole abwarfen und sich wieder um ein seriöses Image bemühten. Man wollte Professionalität ausstrahlen, erst recht nach 9/11, als die Sicherheit – auch visuell – zur Priorität Nummer eins wurde.

Wenn darüber hinaus eine Botschaft ausgesendet wurde, dann eine zur kulturellen Identität der Firma. Bis heute setzt man etwa bei Thai Airways auf violett schimmernde Seiden-Sarongs samt Orchideegesteck, während bei Emirates das Hütchen mit einem Gesichtsschleier versehen ist.

Mit den Billig-Airlines zog schliesslich ein neuer Pragmatismus in die Branche ein: Praktisch soll es sein, ohne viel Tamtam. Und die optische Unterscheidung zwischen den Gechlechtern? Überbewertet! Funktionale Stoffe passen sich jeder Figur an, unaufgeregte Schnitte zähmen Kurven, statt sie zu betonen, und was die Schuhe angeht, so müssen sie in erster Linie bequem sein. Zudem legt man die dem Wort Uniform innewohnende Gleichheit grosszügiger aus: Dem fliegenden Personal wird heute meist eine kleine Garderobe aus mehreren Teilen zur Verfügung gestellt, aus der es sein Outfit nach individuellen Vorlieben zusammenstellt. Hose oder Jupe? Kurz- oder langärmlig? Jacke oder Pulli? Selbst ist die Flight-Attendant! Ob die Passagiere darauf fliegen, bleibt abzuwarten. Indiskutabel indes ist etwas ganz anderes: der obligate Tomatensaft!

First Class à la Chanel

Für die Pariser Fashion Week im Oktober 2015 dachte sich Karl Lagerfeld selig eine Airline im Zeichen des Doppel-C aus. Ehrensache, dass die Flight-Attendants in exklusivem Tweed unterwegs waren!

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