Die Signalfarbe macht sich nur auf den Lippen gut? Von wegen! In der Adventszeit tragen wir Rot auch auf den Lidern und Wimpern.

Rot, das glüht wie das Feuer im Che­mi­née, ist ein fester Bestandteil des Festtagslooks: auf den Lippen, auf den Nägeln. Neu kommen in dieser Saison auch rot geschminkte Augen dazu – die Farbpalette reicht von Fuchsia-Pink über Mauve bis zu Scharlachrot. Zu verdanken ist der Trend einmal mehr der Gnade oder dem Fluch von Social Media, wo der Hashtag #redeyeshadow bereits im Frühling über 50 Millionen Aufrufe erzielte und damit einen Look salonfähig machte, vor dem bisher selbst erfahrene Schminkprofis Respekt hatten.


Sie sind noch nicht überzeugt? Das ist verständlich, zumal rote Augen oft mit Krankheiten, Weinen oder Allergien in Verbindung gebracht werden. Hinzu kommt, dass Rot sehr intensive Gefühle auslösen kann. Vielleicht ist es kein Zufall, dass diese spektakuläre und zugleich dramatische Farbe gerade in einer Zeit trendet, in der die Welt aus den Fugen zu geraten scheint. «Psychologen sind schon lange fasziniert vom Einfluss der Farbe Rot auf die menschliche Psyche», schreibt die englische Historikerin und Autorin Kassia
St. Clair in ihrem Buch «Die Welt der Farben» (Tempo Verlag) über jenen Ton, welchem seit je die stärksten Gegensätze zugeschrieben werden:  Leidenschaft, Dynamik, Erotik, Wärme, Stärke, Glück, aber auch Hitze, Aggression, Macht und Zorn. Laut Forschung führt der Anblick von Rot zur Erhöhung des Blutdrucks und zu einer beschleunigten Atmung. «Rote Pigmente wurden über neolithische Gräber auf der ganzen Welt gestreut; Sportmannschaften in roten Uniformen gewinnen häufiger; Babys reagieren früher auf Rot als auf andere Farben. Es ist schwierig, genau zu entschlüsseln, was Rot mit uns macht, aber es übt eine Anziehungskraft aus», sagt St. Clair in einem Interview.

Eine, die schon früh das Potenzial der Farbe Rot erkannte und zu einer der Signalfarben ihres Brands machte, war die französische Modedesignerin Gabrielle Chanel. Fortgesetzt wird diese Tradition von ihren Nachfolgern, die in diesem Jahr mehrere Make-up-Neuheiten mit verschiedenen Rottönen für die Augen lancierten. Da ein Augen-Make-up in Rot für viele Menschen Neuland ist, raten Profis wie Michelle Fischer, National Make-up-Artist von Dior, zum langsamen Herantasten: «Gehen Sie in kleinen Schritten vor, indem Sie einen Rotton auf den Brauenknochen auftragen, bevor Sie sich für roten Lidschatten oder Liner entscheiden.»

Der Mix macht’s

Ebenfalls ein guter Einstieg sei die stufenweise Verwendung von rotem Lidschatten als Übergangsfarbe zum Vermischen neutraler Töne. Wer nun noch immer zögert, dem sei gesagt: Rot ist nicht gleich Rot. Je nach Nuance und Produkt lassen sich ganz unterschiedliche Effekte erzielen.

Fischers Tipp: «Ein doppelt geflügelter Liner – einmal in Schwarz und einmal in Rot – verleiht einem klassischen Look sofort einen leichten Twist.» Ähnlich tönt es bei David Hahmeyer, Trainingsmanager von Clarins, der ebenfalls zur Verwendung eines Kajals oder Liners bei rotem Lidschatten rät: «Oft lohnt es sich, auch die untere Wasserlinie mit dunklem Kajal zu betonen.» Wichtiger als irgendwelche Regeln sei aber die Freude am Ausprobieren, betonen beide Experten.

Die Inspiration dazu fand sich unter anderem bei zahlreichen Stars auf dem farblich passenden Teppich an den Filmfestspielen in Cannes, die im wahrsten Sinne des Wortes rotgesehen und damit vorgemacht haben, wie vielfältig und schön rot geschminkte Augen aussehen können.

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