Text Pierre Thomas

Berauscht von Porto

Wir heben unser Portweinglas auf die Stadt am Atlantik und die grandiosen Weingüter im Douro-Tal. Saùde, Portugal!

Das Problem von Porto: Sie ist durch die Billigfluglinien zu gut mit den europäischen Hauptstädten verbunden. Selten schafft die Metropole es daher, ihre Gäste länger als drei Tage zu halten. Dabei gibt es in der zweitgrössten Stadt Portugals und in ihrer Umgebung unzählige Dinge zu entdecken. In einem der drei Doppeldeckerbusse (es gibt einen roten, einen blauen und einen gelben, die vor der Kathedrale Sé abfahren) kann man sich in zwei Stunden einen guten Überblick über die Sehenswürdigkeiten verschaffen, die rechts und links des Flusses Douro liegen. Hier ein modernes, gewagtes Gebäude, dort eine in die Jahre gekommene Jugendstilfassade. Die Sonne spielt mit den Wolken Verstecken und schafft Stimmungen, die eines flämischen Malers würdig sind.

Um die Geheimnisse des identitätsstiftenden Getränks der Region zu ergründen, muss man zunächst die Brücke Dom Luís I überqueren, entweder mit der Strassenbahn oder zu Fuss. Sie wurde von einem Schüler Gustave Eiffels erbaut, der seinerseits die Pläne für die nur wenige Schritte entfernte Eisenbahnbrücke entwarf. Auf der anderen Stadtseite fährt die Standseilbahn in das malerische Quartier Ribeira, das zum UNESCO-Weltkulturerbe gehört. Auf der anderen Seite des Douros überspannt eine Seilbahn Gaia – wo sich die Lagerhäuser befinden, in denen der Portwein aufbewahrt wird.

Europäische Weinhauptstadt

Der Portwein, Sie haben richtig gelesen! Denn obwohl Porto als Hauptstadt der Grafschaft Portucale im Jahr 1000 n. Chr. dem ganzen Land seinen Namen gab, wurde sie durch ein von den Engländern geschätztes Getränk populär. Porto ist nicht nur – wie Lausanne – eine der 13 Great Wine Capitals, Anfang Februar dieses Jahres wurde das gesamte Douro-Tal auch zur europäischen Weinhauptstadt ernannt (wie Toulouse). In der Vila Nova de Gaia sind alle grossen Produzenten vertreten.

Deren Weinkeller können besichtigt werden: Sie sind mit Dutzenden von Eichenfässern in allen Grössen ausgestattet. Der interessanteste Portwein ist ein mutierter Wein, der 20 Prozent Alkohol enthält und seine Aromen durch die Reifung erhält. Tawny erinnert auch farblich eher an Cognac als an Ruby, den sehr süssen Einstiegsportwein. Ersterer wird zum Dessert getrunken, letzterer als Aperitif.

Juwel unter den Anbaugebieten

Komplexe Weine sind kompliziert zu erklären. Derzeit ist junger weisser Portwein in Mode, der gut gekühlt als Longdrink oder mit Tonic serviert wird. Oder das extreme Gegenteil, der 10, 20 oder 30 Jahre alte Reserve, der wie die Tawnies ausgebaut wird. Um diese besondere Welt zu verstehen, wurde vor kurzem das WOW (Akronym für World of Wine) im Herzen von Gaia eröffnet. Der Komplex, der einer dantesken Baustelle glich, ist heute ein hochmodernes und interaktives Museum. Die Besucher lernen über Wein, aber auch über Korken, Gläser, die lokale Geschichte und sogar über die Schokolade, die perfekt zum Portwein passt.

Zwar gibt es in Porto selbst zahlreiche Flaschen, aber keine Schatten spendenden Weinstöcke. Um die Weinberge zu bewundern, muss man die Stadt verlassen, dem Fluss Douro folgen und Kurs auf Pinhão nehmen. Eine sehr schicke Variante: mit dem Kreuzfahrtschiff. Oder, noch beliebter: mit dem Zug fahren, vom Museumsbahnhof São Bento oder vom Bahnhof Campanhã aus. Bequemer ist die Fahrt über die Autobahn A4, die um die Stadt herumführt. Nach 120 Kilometern verläuft sie im Zickzack zwischen den «Patamares», den Hängen, an denen die Reben wachsen.

Die Höhenlagen bilden spektakuläre, wellenförmige Treppen. Diese mit Bulldozern angelegten Böschungen haben die von Schiefer- oder Granitmauern gestützten Terrassen des ältesten Weinanbaugebiets ersetzt, das 1756 vom Praça Marquês de Pombal abgegrenzt wurde. Der Ausflug in dieses Tal, dessen Panorama ebenfalls zum UNESCO-Weltkulturerbe gehört, lohnt allein die Reise nach Porto.

Vergnügliches in Pinhao

Mittagessen

Mittagessen auf der Terrasse des Weinguts Quinta do Bomfim, das von der Familie Symington betrieben wird. Hier werden feinste Portweine von Labels wie Graham’s, Cockburn’s und Dow’s hergestellt.

https://pt.symington.com/visitar/quinta-do-bomfim/

Spazieren gehen

Spazieren gehen in den Weinbergen auf der Quinta do Seixo, einem Aussichtspunkt des Weinproduzenten Sandeman, am linken Ufer des Flusses.

www.sandeman.com/port-wine/visit/quinta-do-seixo-douro/

Übernachten

Übernachten in einem der 29 Zimmer der Quinta do Ventozelo, einem ehemaligen landwirtschaftlichen Betrieb, der zu einem schicken Hotel mit Aussicht und Pool umgebaut wurde (ab 155 Euro pro Doppelzimmer). Der französische Spirituosenkonzern La Martiniquaise hat das Anwesen vor zehn Jahren erworben und die 200 Hektar Weinberge neu bepflanzt. Angeboten werden Portweine (der beliebte Cruz) und seltene Weissweine von Dalva. Der Weinberg produziert zwölf trockene Rebsortenweine, sowohl weiss als auch rot, und rote Blends. Die Weine tragen das Ventozelo-Label und sind neu auch in der Schweiz erhältlich.